Berlin BER und kein Ende

Die unspektakulärste Nacht in meinem Luftfahrt-journalistischem Leben war wohl der Umzug des Flughafens München von Riem nach Bayern Ost (Verzeihung: ins Erdinger Moos). Ist schon ein Weilchen her, aber es lief alles wie am Schnürchen. Wie geplant, genau wie die Punkte auf dem Ablaufplan. Aus journalistischer Sicht war einfach nichts Ungewöhnliches los. Ein unspektakulärer, perfekter Wechsel. Der Umzug eines Flughafens von einer alten, vertrauten, bewährten Umgebung für die Piloten zu einer neuen Location.

Die Deutschen können es also. Konnten es. Zumindest in Bayern. Einen neuen Flughafen in ein zuvor unbebautes Feld setzen und sofort startklar in einer Nacht überwechseln. Warum dann Jahre später das Drama in Berlin? Warum musste man den weltweit einzigartigen Flugplatz Tempelhof großspurig schon mal auch für die Allgemeine Luftfahrt schließen, ohne dass bis heute der Platz sinnvoll genutzt wird? Die historischen Gebäude verfallen, das Gelände ebenso.

Aber ebenso verfallen die modernen Gebäude in BER und ihr Inventar (soweit vorhanden). Die Computer unter Plastik sind heute schon veraltet. Alles ist zu klein, fürs operative Geschäft ist zu wenig Platz und mein und Dein Steuergeld wird hier sinnlos verpulvert.

Wird noch einige Zeit dauern, bis das auch die Geldverpulverer einsehen werden: Die kostengünstigste und schnellste Lösung zu einem neuen und modernen Berliner Flughafen ist, alle fraglichen Gebäude komplett abzureißen und dann nach Sicherheitsstandards und (!) diesmal mit Plänen neu aufzubauen. Die neue Start- und Landebahn, das neue Vorfeld und die Rollwege sind benutzbar. Man bräuchte nur ein neues, zur Abwechslung mal funktionsfähiges Gebäude auf der anderen Seite des Flughafens errichten. Noch einige Überlegungen zur Verkehrsanbindung – und das Desaster hätte nach einem kompletten Schnitt ein gutes Ende.

Eine optische Anregung dazu, wie ein moderner, funktioneller und ästhetischer Flughafen aussieht, liefern etwa die modernen, luftigen und sehr freundlich anmutenden Flughäfen von Oslo und Stockholm. Oder auch Denver International, wenn das Vorbild außerhalb Europas liegen soll.

Wie man die düstere, dunkle Ausstattung von BER-Gebäuden, soweit vorhanden, als edel bezeichnen kann, ist mir schleierhaft. Altbackenes Nussbaumfurnier in Räumen mit großen Bereichen ohne Fenster. DDR-Chic. Geschmacksverirrung und Relikt aus dem letzten Jahrhundert.

Die Fotos wurden bei der Jahrestagung des Luftfahrtpresseclubs im November 2012 aufgenommen. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sich seither etwas grundlegend verbessert oder entwickelt hat.

 


Kommentare

13 Antworten zu „Berlin BER und kein Ende“

  1. Den Umzug in Muenchen mit dem Bau des Flughafens in Berlin zu vergleichen, ist ganz schön unfair.

    Und dann: wurde denn der Münchener Flughafen innerhalb der geplanten Zeit errichtet und wie hoch lagen die Kosten über den damals geplanten Kosten?

    1. Warum siehst Du das als unfair an?

  2. formatted_brain

    Im uebrigen „verrotten‘ weder die Tempelhofer Flughafengebaeude (die werden derzeit saniert) noch das Gelaende, das intensiv als Park genutzt wird.

  3. Ich weiß, es ist sicher Geschmackssache, ob einem ein Flughafen gefällt oder nicht. Aber an Effizienz kaum zu überbieten sind meines Erachtens DXB und SIN. Es macht einfach Spaß, dort einzuchecken oder sich um Transit zu befinden: Platz, Licht, Ausstattung und genug zu entdecken, selbst bei langen Transitzeiten.

  4. Natürlich wurde Tempelhof „beerdigt“, und zwar ganz bewust.
    Nachdem mal wieder ein Berliner Bürgerbegehr aus Mangel an Beteiligung verpuffte, nahm der Regierende den Gebäuden die Funktion.
    Am Tag nach der offiziellen Schließung begann man sofort mit der Kappung aller wichtiger Kabelsysteme. Die zugehörigen Kabelschächte wurden noch binnen einer Woche mit Zement verschlossen.
    Man verhielt sich bewust so, um bei veränderter Stimmungslage kein mögliches BackUp zu haben. Das Prestigeobjekt BER duldete keine Konkurenz.
    Klar stehen die Berliner auf die Brache des Tempelhofer Feldes – ist ja auch ein abgefahrener Ort. Ich wollte es eigentlich vorher noch geschafft haben, dort mal zu starten oder zu landen…
    Jetzt ist’s zu spät.

  5. Das die Geräte wohl schon veraltet sind wenn BER in Betrieb genommen wird ist richtig und war mir bis dato noch gar nicht so bewusst….aber mir gefällt die braune Holzoptik, wirkt nicht so steril wie in anderen Flughäfen.

  6. Laut diesem Zeitungsartikel wurde mit den Planungen des Münchner Flughafens schon 1960 begonnen, 1979 war Baubeginn – dann folgte1981 ein 4-jähriger Baustopp (aus juristischen Gründen) – und erst 1992 war die Eröffnung. Dabei sind die Kosten von 3,5 Mrd. DM (1985) auf 8,5 Mrd. DM (1992) explodiert. Wie hoch die 1979 oder gar 1960 veranschlagten Kosten waren, wird im Artikel nicht genannt.

  7. wereatheist

    Zum Thema Windiges aus der Deutschen Luftfahrt kann ich zwar nicht mit Expertise glänzen, aber es soll in anderen Branchen üblich sein, veraltete Computer sogar wiederholt auszutauschen, ohne die sie umgebenden Gebäude abzureißen 😀
    So ein Vorgehen erscheint doch gerade in Bezug auf Steuergelder angebracht.

    1. 🙂

  8. Warum muss man eigentlich in jedes noch so unbedeutendes verpixelte Bild ein Copyright rein setzen, dazu störend mitten rein. Dazu gehört schon ein extrem negatives Weltbild, im Sinne von, bevor noch jemand damit Geld verdient, verstümmel ich es lieber noch.

    1. Bei unbedeutenden Bildern stört der Copyrightvermerk doch nicht?
      Ich nenne es mal Lebenserfahrung…
      Und wer ein Bild im Original (und damit auch in epischer Schönheit und Pixelanzahl) haben möchte, kann sich gerne melden.

  9. Dr. Webbaer

    Wird noch einige Zeit dauern, bis das auch die Geldverpulverer einsehen werden: Die kostengünstigste und schnellste Lösung zu einem neuen und modernen Berliner Flughafen ist, alle fraglichen Gebäude komplett abzureißen und dann nach Sicherheitsstandards und (!) diesmal mit Plänen neu aufzubauen.

    In der Theorie mag das sogar stimmen, wird allerdings die zeitgenössische Widerstandskultur berücksichtigt, die sich bspw. im Suchen von Endlagerstätten, in der Unfähigkeit Bahnhöfe politisch durchzusetzen, in den immensen Kosten, die Transporte von Nuklearmaterial generieren und im Widerstand gegenüber jeglichem Großprojekt manifestiert, dann wird auch so etwas politisch im D des frühen 21. Jahrhunderts erst einmal scheitern. Ganz sicher zumindest, wenn staatlicherseits verwaltet wird.

    Wenn man es nicht einmal schafft Akkumulatorensysteme bei Fluggeräten stickum zu ersetzen…

    MFG
    Dr. W

  10. […] Unverständlich: Die Bayern können es, die Berliner nicht. Einen neuen Flughafen bauen und in Betrieb nehmen. Standard Podcast [ 7:45 | 0.76 MB ] Jetzt abspielen | Play in Popup | Download podPressShowHidePlayer('4', 'http://wanhoffs-wissenschaft.podspot.de/files/scienceblogspodcast-2013-02-08.mp3', 290, 24, 'false', 'http://scienceblogs.de/wissenschaft-zum-mitnehmen/wp-content/plugins/podpress/images/vpreview_center.png', 'Standard Podcast', 'Thomas Wanhoff');Geologisch: Aufprall von Kontinentalplatten zwischen Indien und Eurasien war wohl ein Auffahrunfall. Merkwürdig: Mann begeht Selbstmord durch Fischallergie. Unverständlich: Die Bayern können es, die Berliner nicht. Einen neuen Flughafen bauen… (0) Mehr » […]

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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