Asiana Piloten des Unfalls in San Francisco

Am 9. Juli veröffentlichte die NTSB in ihrer dritten Pressekonferenz ihre Erkenntnisse aus den Interviews mit den Piloten. (Bitte zum Verständnis auch den Vorgängerartikel: Boeing 777 Crash am San Francisco International Flughafen und die Kommentare dazu lesen.)

Demnach seien in 500 Fuß Höhe (150 m) drei rote und ein weißes PAPI (Precision Approach Path Indicator = Optische Gleitwinkel Anzeige) Licht sichtbar gewesen und der Pilot zog die Steuersäule zu sich, um die Sinkrate zu reduzieren.

Anmerkung hkl: Bei der PAPI bedeuten 2 weiße und zwei rote Lampen, dass man genau auf dem richtigen Gleitwinkel ist.

3 rot und eine weiß heißt: zu tief.
4 rote heißt: viel zu tief.
Drei weiß und eine rot: zu hoch.
4 weiß: viel zu hoch

Der Pilot nahm dabei an, dass der Autothrottle die eingestellte Geschwindigkeit von 137 KIAS halten würde.

hkl: der Autothrottle funktioniert wie ein Tempomat im Auto: Er versucht über den Schub der Triebwerke eine eingestellte Geschwindigkeit zu halten

Es entstand jetzt auch eine laterale Ablage (Abweichung von den verlängerten Mittellinie der Landebahn), die die Aufmerksamkeit der Crew beanspruchte.

Beim Sinken durch 200 Fuß Höhe (60 m) waren alle PAPI Lichter rot (viel zu tief) und die Geschwindigkeit hatte in den rot schwarz markierten Bereich am Fahrtmesser abgenommen. Die Crew bemerkte jetzt, dass der Autothrottle die gewählte Geschwindigkeit nicht einhielt. Zu diesem Zeitpunkt habe der Autothrottle begonnen, die Schubhebel nach vorne zu bewegen.

Es waren 3 Piloten im Cockpit. Der Kapitän unter Supervision steuerte das Flugzeug (Pilot Flying) und saß im linken Sitz. Der Trainings Kapitän war Pilot Monitoring (der zuarbeitende, überwachende Pilot) und saß im rechten Sitz. Im Observer Sitz links in der zweiten Reihe saß der Relief Copilot. Der Relief Kapitän war zum Unfallzeitpunkt in der Kabine.

hkl: Als Relief Crew bezeichnet man die Besatzungsmitglieder, die zusätzlich an Bord sind, um der eigentlichen Besatzung Pausen zu ermöglichen. Dies ist auf Langstreckenflügen übliche Praxis.

Der Kapitän unter Supervision (9700 Stunden Gesamtflugerfahrung) hatte bereits 10 Flüge mit insgesamt 35 Stunden Flugzeit auf B777-200 Flugzeugen absolviert und war damit zur Hälfte durch die Supervision-Phase. Der Trainings Kapitän war auf seinem ersten Flug als Trainings Kapitän. Beide waren nie zuvor zusammen geflogen

hkl: Das alles ist bei einer großen Airline durchaus normal.

Die Schalter des Autothrottle wurden nach dem Unfall in der „Armed Position“ (in Bereitschaft) vorgefunden. Es ist noch nicht klar, in welchem Betriebsmodus der Autothrottle war und ob er letztlich eingeschaltet waren oder nicht.

Zwei Flugbegleiter im hinteren Teil der Kabine wurden während des Unfalls aus dem Flugzeug geschleudert und später auf beziehungsweise neben der Landebahn verletzt gefunden.
Mindestens eine der Notrutschen blies innerhalb der Kabine auf.

Bitte zum Verständnis unbedingt auch meine anderen Artikel zum Thema und deren Kommentare lesen. Was dort erklärt wurde, oder für andere Online-Veröffentlichungen richtiggestellt wurde, ist hier oben im Artikel nicht nochmals erwähnt.
Beitrag 3 asiana-b777-der-unfallablauf-in-san-fransisco-3-artikel-neu/
Beitrag 1 boeing-777-crash-am-san-francisco-international-flughafen/ 2. Update


Kommentare

9 Antworten zu „Asiana Piloten des Unfalls in San Francisco“

  1. Nach 13000h im Linienverkehr und 20 Jahren als Kapitän auf der B747 stellt sich mir der Fall so dar:

    -Man war beim Anflug zu langsam und zu tief. ( Kann vorkommen).
    -Egal ob A/T on oder off war:
    -Es kamen keine call-outs „speed is low“ von zwei erwachsenen Männern im Cockpit, die dem Tod ins Auge sahen!
    Das ist doch das eigentliche Drama an der Sache:
    Warum machen die Kollegen in so einer Situation den Mund nicht auf?
    Sollte der PF sein Gesicht nicht verlieren?
    Oder war er vielleicht früher in einer höheren Position bei Asiana und es gab ein Hierarchieproblem?

    Wenn ich im Cockpit einen Fehler mache, dann erwarte ich, dass mein Copilot mich darauf aufmerksam macht und wenn ich nicht reagiere ( weil ich z.B. ohnmächtig geworden bin), erwarte ich, dass er die Flugzeugführung übernimmt. Dieses Thema gehört bei mir immer zum Crewbriefing am Beginn einer Tour.
    Es scheint so, als würde es massive Defizite im Training von Asiana und vielleicht auch anderen asiatischen Airlines geben.
    Und da liegt für mich die eigentliche Ursache dieses Unfalls.

    1. Vielen Dank für den Kommentar. Sehe ich auch so, würde ich aber zurzeit nie so schreiben. Weil:

      Neuer Fakten-Stand ist online (Artikel #3 zur Asiana). Zum von Dir angesprochenen Thema.

      In meiner beruflichen Laufbahn habe ich schon viele Flugunfälle analysiert und beschrieben. Von PanAm über kleinere mit nur vier (toter) Cessna-Besatzung bis jetzt zur Asiana. Was mir dabei stets wichtig war und ist, ist, auch wenn etwas aus einer Tagessicht so erscheinen mag, niemanden und nichts vorzuverurteilen.

      <span style="color: #58D3F7;"Anmerkung hkl: CRM
      Unter CRM versteht man die Zusammenarbeit der Piloten (Menschen) im Cockpit aber auch ihre technische Umgebung miteingeschlossen.
      CRM = Cockpit oder Crew Ressource Management.

      Mich interessieren die von Dir aufgeführten Fakten auch brennend. Wird zurzeit vom NTSB und von Asiana aus den Interviews mit den Piloten ausgewertet. Ich wage zu bezweifeln, dass von (aus unserer Sicht) schlechtem CRM Betroffene das selbst so sehen. Es ist für sie normal. Ins NTSB habe ich allerdings vollstes Vertrauen und ersuche einfach noch um ein wenig Geduld.

      Zurzeit das CRM anzuprangern (auch wenn es vermutlich eine Rolle gespielt hat) wäre Boulevardjournaille. Das ist nicht mein Stil. Ich berichte Fakten und suche dann die Ursachen. Und wenn noch nicht alle Fakten vorliegen, kann man im Schluss auch gründlich falsch liegen.

  2. Nun ja, ich habe viele CRM Kurse gemacht. Immer herscht da ein gutes Klima unter den Piloten, und jeder scheint einsichtig zu sein. Kaum haben sie den Kursraum verlassen, sind einige von Ihnen aber wieder totale Einzelkaempfer. Ehrgeiz ist gut und noetig, aber krankhafter Ehrgeiz ist gefaehrlich. Ich bezweifle sehr, dass Chefpiloten und Checkpiloten auch wirklich immer die Besten sind. Aber Sie glauben es natuerlich. Dass Sie ev nur per Zufall in diese Position gerutscht sind, oder eben mit dem Ellbogen nach “ Oben “ gelangt sind, verschweigen Sie natuerlich.

  3. Werners Kommentar kann ich teilweise nachvollziehen. Was das Crew-Complement angeht, ist meiner Meinung nach die Konstellation mit zwei Kapitänen im Cockpit ( in diesem Fall auch noch beide auf den vorderen Sitzen ) nicht optimal, in einer Ausbildungssituation aber nicht zu vermeiden.
    Die Hemmschwelle, den Kapitänskollegen auf einen Fehler hinzuweisen, ist relativ hoch. Zwischen Kapitän und „normalem“ Copilot sieht das anders aus.
    In diesem Fall, mit zwei Kapitänen als CM1 und CM2, ist es dem Copiloten als CM3 wahrscheinlich sehr schwer gefallen, rechtzeitig die beiden Kapitäne auf den Fehler hinzuweisen. Da war die Hemmschwelle für ihn wohl sehr hoch.
    Dies sind, spüre ich gerade, alles Versuche, die eine Frage zu beantworten: “ Warum hat keiner was gesagt? „

  4. Zu Peter : 2 Kapitaene im Cockpit geht wirklich nicht gut, wenn jeder ein totals Alphatier ist. Diese “ Dummkoepfe “ wollen ja jeder besser sein als der Andere. Und ein Alphatier mit einem jungen Copiloten , geht eigentlich auch nicht, denn dann gilt ja gleich nur die Meinung vom PIC. Nach meiner Meinung sollte man solche Leute gar nicht ins Cockpit sitzen lasse, denn auf diesem Arbeitsplatz geht es zuerst um Sicherheit, und nicht ums Besserwissen. Solche Leute haben den CRM Kurs ueberhaupt nicht verstanden. Aber es scheint so zu sein, dass es solche PIC gibt, sonst haette man gar keine CRM Kurse entwickeln , und zum Pflichfach machen muessen ! Ehrgeiz ist hier fehl am Platz !!! Im Fluzeug sollte ein PIC als erstes ein Teamleiter sein, der die ganze Crew in seine Ueberlegungen einbezieht. Auch ein Copilot oder eine F/A kann mal recht haben. Es geht nur miteinander . Total verrueckt wird es dann, wenn die Mentalitaet auch noch sonderbar ist, innerhalb der CREW. see Bad Attitude Air Crash Investigation in Google. Kann mir gut vorstellen, das das wirklich so passiert ist.
    Einen Durchstart zu machen, loest aber noch andere Ueberlegungen aus : Wenn ich mich zu einem Durchstart entscheide, muss ich nacher sicherlich zum Chefpiloten gehen, um ihm zu erklaeren, warum ich denn ueberhaupt durchgestartet bin ! Ist der Chefpilot nun ein loyaler Chefpilot zu seinen Piloten, fraegt er zuerst seinen PIC, warum er dieses Manoever durchgefuehrt hat. Sage ich ihm, dass ich im Anflug realisiert habe, dass ich , aus irgend einem Grund , zu hoch , oder zu schnell geflogen bin, und dass das der Grund fuer den Durchstart war, sollte der Chef sich fuer diesen Durchstart bedanken und sagen , dass ich alles richtig gemacht habe. Nun die meisten Chefpiloten sind aber eher loyal zu der Geschaeftsleitung, und der Pilot wird dann noch fuer den Durchstart kritisiert ( warum habt ihr den nicht gemerkt, dass ihr …….. usw. ) So ist das in der Realitaet.
    Es gibt zu viele Alphatiere auf dem linken Sitz, im Cockpit, die haben alle die Fliegerei erfunden. Aber ich denke, das ist in anderen Berufssparten auch so . oder ?
    Ich habe die letzten Jahre mit einem chinesischen Copiloten zusammen gearbeitet, und den sogar gefoerdert, dass er zum PIC aufsteigen konnte. Und wir hatten eine super Zusammenarbeit im Cockpit. Nur so geht es !! Werner

  5. Mal eine vielleicht dumme Frage an die zwei Piloten:
    Wie viele Dinge, Aktionen, Dialoge müssen Piloten eigentlich während des Landens im Auge behalten/ führen usw?

    Mir kommt das wie eine enorme Informationsflut vor.
    Es gibt schließlich die Unaufmerksamkeitsblindheit – der deutsche Überbegriff für den „Unsichtbaren Gorilla- Effekt“ siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Unaufmerksamkeitsblindheit , und der trifft ja alle, ist einfach eine Folge unserer Gehirnorganisation.
    Könnte es also sein, dass niemand etwas bemerkte, weil die Aufmerksamkeit auf die Abläufe gerichtet war oder genauer formuliert, dass der Supervisor seine Aufmerksamkeit auf den Piloten, der und der Co aber auf den und ihre Aufgaben achteten …
    Quasi eine Verkettung falscher Aufmerksamkeitspunkte, gemessen an den Ressourcen, also den Möglichkeiten unseres Gehirns?
    Nein, ich kann das, da ich nie in einem Cockpit war nicht angemessen umschreiben. Ich hoffe, dass klar wurde, worauf ich hinaus will.
    Allerdings gab es da Warnungen – akustische oder optische, nehme ich an – vom System, auf die nicht schnell genug reagiert wurde …siehe den letzten Artikel der Reihe. Bei optischen käme die oben erwähnte Blindheit hin, bei akustischen gibt es bestimmt etwas ähnliches …

  6. Die Informationsflut, wie du sagst, ist durchaus da, aber folgt einer gewissen Logik. Step by Step. Und gerade darum muss man darauf achten, dass man schon frueh anfaengt, die Sachen abzuarbeiten. Wie irgendwo oben geschrieben, sollte zB bei 1000 ft GND das Flugzeug richtig stabilisiert sein. Das heist : Fahrwerk Landeklappen Anfluggeschwindigkeit Anflugrichtung Anfluggleitwinkel ( auf dem ILS , oder aber sich einen Gleitweg via die Augen sich vorstellen ) Final Check fertig ! usw Wenn man alles bereit hat, bei 1000 ft, hat man genuegend Zeit, genau zu verfolgen, wie der Anflug laeuft. Ob der nun von Hand geflogen wird, mit Sicht zur Landebahn, oder eben mit dem Autopiloten. NB ein ILS System ist ja eigentlich nicht da, dass der Pilot einen besseren Anflug machen kann, sondern wurde entwickelt, dass man bei schlechtem Wetter, dh bei schlechter Sichtweite eben auch noch fliegen kann.. Auf Sicht fliegen, wie man das mit einem Sportflugzeug mal gelernt hat, sollte man auch mit einem grossen Flugzeug beherschen. Aber dann muss man sich den Anflugwinkel eben selber im Kopf oben vorstellen koennen. Und auch die Anflugrichtung, Windeinfluesse eingerechnet.. Nein, so ein Anflug ist nun wirklich keine Hexerei . Ich habe ueber 10000 Landungen selber, mit meinen Haenden geflogen, und war nochmal fuer ca 4000 Landungen , die meine Copiloten geflogen sind, voll verantwortlich. Aber meine Ausbildungszeit war sicherlich laenger. Uber viele Jahre. Nicht von der Strasse weg gleich als Copilot auf die B 777. Die Technik macht das heute moeglich, aber, wie man sehen kann…….!!!
    Und selbst heute, gehe ich noch auch auf kleinere Flugplaetze, und fliege Sportflugzeuge. Ich kenne aber auch PIC, die schimpfen ueber die kleinen Flugzeuge, wenn sie zB mit einer B 777 oder was es dann immer ist, mal am Anfang der Piste noch warten muessen, weil ein Sportflieger zur Landung kommt. Das sind eben die grossen Piloten, die total vergessen haben, wie , und mit was Sie einmal angefangen haben, das Fliegen zu erlernen. Und die vergessen auch, dass eine Uniform noch keinen grossen Piloten macht.
    Das grosse Schiff unten in Italien ist auch so ein Fall. Der Kapitaen laesst gruessen !!! Werner

    1. 🙂 @Werner.
      Vielen Dank für Deine erfrischenden erklärenden Kommentare und herzliche Grüße in die schöne Schweiz!

  7. Was ich da nun eben in der Zeitung gelesen habe,,,, ueber die Namen der Piloten, finde ich natuerlich auch nicht gut. Ja schaebig !!! Beleidigungen sind total fehl am Platz.
    Das schuert nur Feindseligkeiten unter den verschiedenen Kulturen ! Aber das ist ein anderes Thema. Eigentlich bin ich schon lange vom Thema Unfall B 777 abgerueckt. Sorry. Deutschland ist auch super. Fliege anfangs August mit meinem Sportflugzeug nach Flensburg und Stauning. Aber das gehoert auch nicht hierhin. Danke Helga

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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