Manches ist in der Luftfahrt komplexer als wir es vom Boden her gewohnt sind – das Verhalten und die Leistung von Antrieben in unterschiedlichen Höhen gehören dazu. Zwar sind 1000 Meter Abstand noch immer 1000 Meter, auch wenn es nach oben geht. Jedoch können sich diese 1000 Meter in der Höhe auf die Performance eines Flugzeugs oder Fallschirms erheblich auswirken.

Höhenmesser in einem Airbus A321
Backup-Höhenmesser in einem Airbus A321: (1) in m und (2) in Fuß. Auch der elektrisch anzeigende (3) basiert auf einer Druck(differenz)messung. Der Zahlenwert beim Backup sind die Tausender (m oder ft) und der Zeiger stellt die Hunderter dar.

Das liegt am simplen physikalischen Zusammen- hang zwischen Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Höhe. Leider hängen alle irgendwie von einander ab. Jede Veränderung einer dieser Größen hat Auswirkungen auf die anderen. Um einen fixen Bezugspunkt in diese Abhängigkeiten zu bringen, wurde die Standard- temperatur und die Standarddichte definiert: Das sind 15 Grad Celsius bei 1013 hPA. Damit lassen sich Leistungsdaten von Fluggeräten und Triebwerken unter den realen Bedingungen berechnen. Außerdem brauchen wir sie in der Luftfahrt zum Kalibrieren von Druckmessgeräten wie dem Höhenmesser und dem Geschwindigkeitsmesser.

Diese Werte-Kombination ist als Standard durchaus sinnvoll in unseren Breiten: Heftige Minusgrade hat es wesentlich seltener und extrem hohen (1040 hPA) oder niedrigen (888 hPA) Luftdruck ebenso. Aber diese Kombination von 15 Grad und 1013 hPA gibt es nur an einigen Tagen. An allen anderen unterscheidet sich die Dichte-Höhe, die ja unter anderem von der Temperatur und dem Luftdruck abhängt, von der tatsächlich gemessenen Höhe. Und warum ist das wichtig? Weil es – im Gegensatz zum Menschen – einem Motor oder auch einem Fallschirm eben vollkommen egal ist, wie hoch er tatsächlich über dem Erdboden schwebt. Seine Performance, also sein Leistungsverhalten, hängt von den Luftteilchen ab, in denen er sich bewegt oder bewegt wird. Vor allem von deren Anzahl und Geschwindigkeit.

Dichtehöhe ist ein technischer Begriff. Zwar hängt auch die Dichtehöhe von der tatsächlichen Höhe ab, ist aber nur selten mit ihr identisch. Sie berücksichtigt den physikalischen Zusammenhang zwischen Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Höhe unter realen Bedingungen.
Eine Zunahme an Dichtehöhe verringert generell die Performance von Fallschirm und Flugzeug. Zu wissen, um wie viel, kann daher lebensrettend sein. Und deshalb sollten wir Luftfahrer verstehen, was eine Dichtehöhe ist und welche Faktoren sie beeinflussen.
Ein normales kleines Flugzeug, dem 1000 Fuß bei Meereshöhe zum sicheren Start genügen, braucht bei einer operationellen Höhe von 5000 Fuß schon rund doppelt so viel, nämlich 2000 Fuß Runway.

Und da sind wir wieder bei der Dichte: Denn Temperatur ist physikalisch gesehen nur ein anderer Ausdruck für die Aktivität der Luftteilchen. Eine höhere Temperatur senkt die Dichte der Luft und erhöht damit die Dichte-Höhe. Damit sinkt der Fallschirm schneller. Auch das Flugzeug hat einen geringeren Luftwiderstand und braucht somit eine längere Lande- und Start- strecke als bei Standardbedin- gungen, müht sich mehr und länger ab, um auf die Reiseflughöhe zu gelangen.

Fallschirmlandung
Ob es eine sanfte Landung wird, hängt von vielen Faktoren ab. Die Aktionen des Springers sind nur ein Teil davon.

Eine Temperaturerhöhung hat den gleichen Effekt wie ein Start oder eine Landung auf höherem Gebiet (Berg, Flugplatz in Colorado, der Schweiz oder in Bayern…). Die Bahnlänge kann also durchaus im Winter für einen Start ausreichend sein, im Sommer dagegen nicht. Und wer im Mile-High Fallschirm-Center in Colorado (Höhe über NN: 5052 ft (1540 m)) springt, braucht auch im Winter mehr als nur ein „Handtuch“ über sich zur sanften Landung.

Andererseits: Je weiter (höher) wir uns vom Erdboden entfernen, umso geringer werden Temperatur und Luftdruck; der Luftdruck allerdings etwas anders als die Temperatur. Somit sinkt mit Zunahme der Höhe generell die Dichte der Luft: In 5300 Fuß sind das schon 20 Prozent weniger Teilchen als auf Meereshöhe; und umso geringer wird normalerweise die Temperatur. (Richtwert: 2 Grad pro 1000 Fuß).

Der lokale Luftdruck wiederum ist zunächst von den Hochs und Tiefs der Großwetterlage beeinflusst. Anderseits sind Dichte und Druck der Luft direkt proportional. Steigt also der Luftdruck („wird das Wetter schöner“), dann steigt auch die Luftdichte. Nähert sich das Tief, dann sinkt die Luftdichte und das Flugzeug und der Fallschirm performen schlechter. Der Flieger steigt langsamer, der Fallschirm sinkt schneller.

Höhenmesser für Fallschirmspringer
Höhenmesser für Fallschirmspringer. Der Zeiger steht auf Null (oder 12000 Fuß).

Auch ein barometrischer Höhenmesser misst eigentlich nicht die Höhe, sondern den Luftdruck. Deshalb ist bei Fallschirmhöhenmessern die Zeigerstellung vollkommen identisch, egal ob das Zifferblatt in Fuß oder Metern anzeigt. Der Wert daneben ist natürlich unterschiedlich, aber bei einer Fallrate mit 200 Stundenkilometern liest auf einem analogen Gerät kein Springer den Wert, sondern orientiert sich am Zeiger.

Die Luftfeuchtigkeit spielt auch noch eine Rolle, haben wir festgestellt. Auch wenn man das auf den ersten Blick anders sehen möchte – feuchte Luft ist leichter ist als trockene. Wasserdampf wiegt nur rund halb so viel (fünf Achtel, 62 %) als das gleiche Volumen an trockener Luft. Somit ist feuchte Luft leichter, also weniger „dicht“ als trockene. Erneut erhöht sich damit die Dichtehöhe: Zusätzlich verstärkt wird der Effekt dadurch, dass eine höhere Temperatur auch mehr Luftfeuchtigkeit aufnehmen kann: 38° Celsius mit 80 % Luftfeuchtigkeit enthalten mehr Feuchtigkeit als 16° bei 80% Luftfeuchtigkeit.

Höhenmesser in einer Cessna 172
Höhenmesser in einer Cessna 172. Mit zwei Zeigern für genaueres Ablesen. Der kleine Zeiger für die 1000 Fuß und der große für die Hunderter. Bei zwei Zeigern ist die Anzeige natürlich unterschiedlich, ob sie in Metern oder Fuß ist. Die angezeigte Flughöhe entspricht 8000 Fuß.

Wer schon im Sommer in Florida gesprungen oder geflogen ist, kann das auch ohne Rechnen nach- vollziehen:
Ein heißer, schwüler Sommertag und ein (zu) kleiner Fallschirm oder eine kurze Bahn fürs Flugzeug – das sind schlechte Ausgangsvoraussetzungen für einen sicheren Flug und eine sichere Landung.
Da lohnt es sich, die Tabellen im Flughandbuch wieder einmal anzusehen und zu rechnen, ob es denn auch wirklich passt.

Wenn man in gebirgiges Gelände fliegt, oder plant, auf einem arg höher gelegenen Flugplatz zu landen, dann kommt es einem schon eher in den Sinn, die schlechtere Performance des Fluggerätes von vornherein zu berücksichtigen. Dass „Hot and Humid“ aber die gleichen Auswirkungen haben, wird manchmal unterschätzt. Von Piloten und Fallschirmspringern.

Auswirkungen einer größeren Dichtehöhe auf die Performance des Fallschirms
Er „trägt“ schlechter, bei gleichem Gewicht des Springers sollte die Fläche größer sein. Er sinkt schneller. Fliegt träger bei Richtungsänderungen, braucht länger um sich nach einer Drehung wieder auf den Geradeausflug zu stabilisieren. Der Fallschirm stallt eher, also bereits bei einer höheren Vorwärtsgeschwindigkeit, man landet schneller als man es gewohnt ist. Die Landung wird generell „härter“.

Auswirkungen einer größeren Dichtehöhe auf ein Flugzeug
Motor und Propeller bringen weniger Leistung, Höhere Geschwindigkeit (True Airspeed) ist erforderlich um den gleichen Auftrieb zu erzeugen. Das bedeutet, eine längere Bahnlänge für Start und Landung ist notwendig, die Steigrate ist bedeutend reduziert. Turboprops, Turbinen und mit Turboladern aufgeladenen Motoren werden bis zu einer individuellen (Antriebabhängigen) Dichtehöhe weniger beeinflusst als normale Motoren.

Der obige Beitrag soll das generelle Verständnis fördern. Zum Erwerb von Pilotenlizenzen müsste es genauer, detaillierter, sein. Das ist aber hier nicht das Ziel. Der ständige Wechsel von SI-Einheiten (Meter, etc) und den amerikanischen Einheiten, die in der Luftfahrt dominieren, ist hingegen Alltag für Luftfahrer.

Einige Zusatzinformationen, brauchbare Faustregeln, für die, die es interessiert:

100 Fuß entsprechen ungefähr 30,48 Metern, also sehr grob geschätzt, von Fuß in Meter ist ein Drittel.
0° Celsius entsprechen 32° Fahrenheit
hPA steht für Hekto Pascal und der Wert bleibt gleich wie bei den eher gängigen mbar (Millibar).

Bei einer Höhenzunahme von 5500 m halbieren sich Luftdruck und Luftdichte. Je höher wir steigen, umso geringer wird normalerweise die Temperatur.

Richtwert ist der Temperaturgradient:
0,65° C pro 100 Meter,
2° pro 1000 Fuß.

Die Standardwerte der ICAO-Atmosphäre (hier stark vereinfacht):
Höhe = null, Meereshöhe, NN (Normalnull)
Luftfeuchtigkeit = null
Luftdichte = 1,225 kg/m3

Genau besehen sind es 1013,25 mbar und 15 Grad Celsius Standardwerte in USA-Maßeinheiten: 59° F und 29,92 inch

Die Gasgleichung (trockene Luft) vereinfacht:

Luftdruck / Luftdichte = Konstante x Temperatur

🙂 Und ja, es geht noch komplizierter. Viel komplizierter. Aber nicht hier.

Alle Fotos (c) H. Kleisny


Kommentare

11 Antworten zu „Dichtehöhe“

  1. katastrophenfehler

    „Der Wert daneben ist natürlich unterschiedlich, aber bei einer Fallrate von 200 Stundenkilometern liest auf einem analogen Gerät kein Springer den Wert, sondern orientiert sich am Zeiger.“

    Was sind „Stundenkilomter“?…

    1. Nachhilfe: Stundenkilometer
      Und alles andere hast Du verstanden?
      Fallrate und Fallrate

  2. Mir ist völlig unklar, warum gerade bei ‚Stundenkilometer‘ derart viele Leute Pickel bekommen und die dann auch noch verbal ausdrücken müssen – bei dem identisch (und genauso korrekt) gebildeten ‚Stundenlohn‘ ist mir noch nie eine Beschwerde untergekommen.

    Es unterlaufen ja auch mir diverse Tippfehler – doch bei so einer Anfrage ist das schon ziemlich peinlich…

    btt: Selbst mir (zufälligem) Nichtflieger ist der Höhen-Effekt schon aufgefallen – bei Alpentouren mit dem Motorrad mußte der Vergaser des öfteren zwischen normal und mager umgestellt werden.

    1. 🙂
      Ich versuch‘ halt, auch trockene Materie, wenn’s geht, leserlich zu machen. Vor 20 Jahren habe ich mich übrigens auch noch gegen Stundenkilometer in der fliegermagazin-Redaktion heftigst gesträubt. Aber mittlerweile stehen die Stundenkilometer sogar im Duden!

      Was mir noch schleierhaft ist:
      Wie Menschen Erfolg im Leben haben wollen, die schon unfähig sind, ihr Unwissen durch googlen/Ducktogo/Quant/…. ohne Unterstützung durch andere Menschen zu beseitigen. Lernen ganz im Alleingang. 🙂

      Und: spannend die Ergänzung zum Motorradfahren in den Alpen. Danke für die Info.

    2. […]

      Die Vergaserverstellung für Kraftfahrzeuge gibts übrigens durchaus auch in automatisch, allerdings nicht bei dem Möbel, das damals den fahrbaren Untersatz bildete.

      1. In praktisch allen „kleinen“, fälschlicherweise meist als „Sportflieger“ bezeichneten Flugzeugen, gibt es keine automatische Vergaserverstellung. Das regelt der Pilot nach eigenem Wissen (oder Unwissen). Wir fliegen mit Motoren, deren Technik bei Kraftfahrzeugen im Museum bewundert werden kann. 😉

  3. Morgenmuffel

    Endlich eine verständliche Darstellung des für mich ziemlich unnahbaren Themas. Musste das gerade für die PPL-Prüfung lernen und jetzt verstehe ich auch, worum es tatsächlich geht! Warum wird das sonst immer so hochtechnisch und unverständlich beschrieben?
    Vielen Dank für den informativen Beitrag!

    1. 🙂

  4. Karl Mistelberger

    Vielleicht auch ein Thema für dieses Forum: Warum dürfen Piloten sich eigentlich für TCAS oder dagegen entscheiden (Überlingen)?

    Viele der Verkehrspiloten absolvieren zwar an die 800 Flugstunden pro Jahr, aber richtige Flugerfahrung haben sie nur ganz wenig, denn fast alles wird mit Autopilot geflogen.

    1. Danke für die Thematische Anregung.

      TCAS fällt in die Kategorie: Wer entscheidet im Zweifelsfall – Mensch oder Maschine. Und da gibt es durchaus einiges zu diskutieren.

      Vielen Dank an Flugkapitän für die Antwort.

  5. Flugkapitän

    @Karl
    Inzwischen ist es weltweit einheitlich geregelt, dass wir dem TCAS folgen müssen. Auch, wenn der Fluglotse gerade etwas anderes sagt. Das ist eine direkte Folge von Überlingen. Damals sind die westlichen Airlines zwar auch schon immer TCAS gefolgt, doch die östlichen sind bei wiedersprüchlichen Angaben den Angaben des Fluglotsen gefolgt. Beide Crews hatten also damals über Überlingen so reagiert, wie sie trainiert waren. Die Systeme passten halt nicht zusammen.

    Ja, trotz 800 h/Jahr kann es sein, dass nicht viel reale Flugerfahrung zusammen kommt, wenn alles mit der Automation geflogen wird. Das muss aber nicht so sein. Ich fliege glücklicherweise bei einer Airline, die ihre Piloten ermuntert, so oft wie möglich von Hand zu fliegen. Auf meiner letzten Tour haben sowohl ich als auch mein Co alle An- und Abflüge von Hand geflogen. Teilweise ohne Flight-Director. Also ganz ohne die Unterstützung, die ein moderner A320 bietet.
    Dies ist leider in der Airline-Industrie eher selten. Und dadurch kommt es dann zu so unnötigen Unfällen, wie der der Asiana B777 in San Francisco.

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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