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Flight of the Phoenix im Frühling 2011 in Deland, Florida. Ein 192-er, an dem auch einige Deutsche beteiligt waren. Der Einzelspringer rechts ist einer der Freifallfotografen.
Foto: Paraquedismo Sky Company, Brasilien

Die Deutschen liegen vorne mit ihrem nationalen Freifall-Rekord der Relativspringer. Das spornt amerikanische Springer natürlich an. Wettbewerb ist gut und bringt die Leistung aller voran. So plant B. J. Worth, der schon viele weltweite Fallschirmrekorde und Filmstunts (unter anderem GoldenEye, Tomorrow Never Dies …) organisiert hat, auf dem nächsten Fly-In im Sommer in Oshkosh, Wisconsin, (EAA AirVenture Oshkosh 2015) den nächsten Weltrekord.

Das Team wird sich in Skydive Chicago, Ottawa, Illinois, vorbereiten und dort die Übungssprünge vor dem Rekordversuch durchführen. Die Rekordsprünge selbst (Plural, falls es nicht gleich auf Anhieb klappt) sollen am 22. und 24. Juli während der EAA in Oshkosh stattfinden (weather and conditions permitting). Letzteres heißt so viel, wie: …wenn das Wetter und die Umstände vor Ort mitspielen.

Den derzeitigen Weltrekord im Relativspringen (alle Springer fassen sich im Freifall gleichzeitig an und bilden eine Formation (Figur) in der Luft) steht bei 400 Springern. Das ist nicht mehr leicht zu toppen.

Denn nach unten gibt es die Grenze von rund 1000 Metern (3500 Fuß), ab der man den Fallschirm aktivieren muss, um wieder sicher auf der Erde zu landen. Nach oben hin wird die Luft (flapsig gesprochen) immer dünner. Schon die normal übliche Ausstiegshöhe von 13000 Fuß (rund 4000 Meter) funktioniert nur ohne Sauerstoff, weil größere Absetzflugzeuge (Twinotter, Skyvan, Transall) recht schnell auf diese Höhe steigen können. Und der Springer im Freifall nur etwas über eine Minute braucht, um die 3 Kilometer nach unten zu sausen.

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Das nennt sich Dirt-Dive, also das genaue Wissen wo man wann in der Luft zu sein hat und das auch physisch am Boden auszuprobieren vor dem Sprung.
Foto: Paraquedismo Sky Company, Brasilien

Alle Absetzhöhen über 4000 Meter brauchen Sauerstoff an Bord für die Springer (und die Piloten natürlich). Eine Druckkabine wie in einem Passagierflugzeug hat ein Absetzflieger aber nicht, wir wollen ja die Türe (meist Scheunentorartig bei größeren Flugzeugen) im Flug öffnen. Also „hängt“ jeder an einer Sauerstoffleitung im Flugzeug oder hat eine eigene Sauerstoffflasche. Und leider bringt mehr Höhe auch nicht proportional mehr an Zeit, weil man durch die „dünne“ Luft auch schneller fällt. Abgesehen von der schlechteren Versorgung des Gehirns.

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Die Einteilung der Springer in die Flugzeuge mit jeweiligem Teamkapitän.
Foto: hkl

Die 400 Springer bilden also schon eine Grenze, die zurzeit nicht leicht zu toppen ist. Darum führte die FAI (Der Weltluftsportverband) in 2013 die Rekordkategorie Großformation mit mehreren Punkten (Large Formation Sequential) ein.

So sollen die 100 oder wie viele auch immer Springer sich nicht nur in der Luft zusammenfinden und durch Anfassen eine zusammenhängende Formation bilden, sondern diese auch wieder „öffnen“ und zu einer weiteren Formation wieder schließen. Einem weiteren „Punkt“ also. Mehrere Punkte zu fliegen ist auch im normalen Formationsspringen das Ziel. Aber da sind es vier oder acht oder meist bis zu 20 Springer, die in einem Sprung mehrere Formationen sicher ausführen. Bei mehr als 20 (oder 22, je nach Antrieb des Flugzeugs) Springern braucht man meist auch mehr als einen Absetzflieger. Und das verkompliziert die Sache. Der enge Anflug vieler Flugzeuge, die Kommunikation zum gleichzeitigen Aussteigen – und wenn geht, dann bitte noch über dem Landeplatz – das muss schon gut geplant und organisiert werden.

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So sieht der Plan aus. Jeder Springer weiß genau, in welchen Sektor der Formation er fliegen muss und welchen „Flugweg“ er also benutzen darf ohne die Springer hinter/über ihm zu gefährden.
Foto: hkl

Der derzeitige Rekord bei den Large Formation Sequential liegt für 3, 4 und 5 Punkte bei 106 Springern, gesprungen im September 2013 in Ampuriabrava, Spanien. Das soll nun auf der EAA überboten werden. Geplant ist, so Ed Scott, Executive Director des amerikanischen Fallschirmverbandes USPA,  ein 108-er mit 3 Punkten.

Der FlugundZeit-Blog wünscht allen Teilnehmern für den Rekordversuch im Sommer in Oshkosh:

Blue skies and safe jumps!

(An meine Fallschirmspringerkollegen: Ich habe in vielen Erklärungen vereinfacht. Die Zielgruppe des Blogs sind auch (Noch-)Nicht-Fallschirmspringer. My humble appologies)

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Zeit zum koordinierten Trennen der Formation, bevor in ebenso vorher abgesprochenen Gruppen die Springer zeitlich und meist auch leicht höhenversetzt ihre Schirme öffnen um Kollisionen in der Luft zu vermeiden.
Foto: Paraquedismo Sky Company, Brasilien

Kommentare

6 Antworten zu „Fallschirmrekord in Oshkosh 2015“

  1. JimMcCormick

    Very nice Helga. Thanks for the coverage.

    jim

  2. You’re welcome, Helga. And thanks for the link!

    Ed Scott

  3. Gary Peek

    I saw something posted on dropzone.com yesterday, so I think that people are just now beginning to learn about it.

    You are good about finding out about things early.

    Gary

  4. 🙂 @Jim, Ed and Gary!

  5. Nach einem AFF-Kurs wage ich nun doch einmal einen Blick auf die Skydiving-Themen. Danke für den Beitrag!

    1. 🙂 Willkommen in einer neuen Welt und alles Gute! Blue skies Helga

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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