Buchmesse 2015: Pressetag

Eines muss man ihm lassen: Salman Rushdie ist eloquent und das in allen für mich gängigen Sprachen. Er ist gebildet und weiß das zu zeigen. Als Autor kann man von ihm zumindest eines lernen, was: „Show, don’t tell heißt“. Denn seine gesamte Rede bei der Eröffnungskonferenz der Buchmesse Frankfurt 2015 war ein Zeigen, was er nicht alles kann und weiß. Mit noblem Inhalt natürlich, vorrangig ging es um die Freiheit des Schriftstellers.

Wie man mit Geschichtenerzählen den eigentlichen Inhalt unterschwellig rüberbringt –  das hatte er erstklassig am eigenen Beispiel demonstriert. Immerhin ein Hauch von Storydrive, eine Veranstaltung, die heuer nach vielen erfolgreichen Jahren leider nicht mehr auf der Buchmesse präsent ist. Wie so vieles andere ist die Storydrive wohl auch dem Rotstift zum Opfer gefallen. Leider.

Der hochgesicherte Autor verschwand nach seiner Kurzrede sofort samt seinem Schwarm von Sicherheitsleuten. Die wenigen Worte waren alles, was ihn mit der Buchmesse 2015 verbindet. Sein neuestes Buch (welcher Autor erhält schon so eine Promotion für sein Buch) war nach der PK noch in Massen in Deutsch verfügbar, die englischen Exemplare hatten alle Abnehmer gefunden. Ob das an dem hässlich schwarzen, deutschen Cover lag – im Gegensatz zum fröhlich bunten englischen Titel? Oder haben die Deutschen nur weniger Bezug zu diesem Autor?

Das Gastland Indonesien stellt sich vorrangig kulinarisch und lebensfroh dar; viel zum Thema Gestaltung und Illustration. Wenig leider über Wissenschaft und Forschung, die es in diesem Land sicher auch gibt.

Die Frankfurter Buchmesse 2015 ist kondensiert, arg zusammengerückt. So ist auch das „Pressecenter“ auf einen Gang platziert worden, ohne Schließfächer. Letztere sind auf der gesamten Messe „aus Sicherheitsgründen“ entfernt. Als wenn schon irgendwann einmal auf der Buchmesse da irgendetwas Gefährlicheres als ein Buch drinnen gewesen wäre. Jede Einsparung braucht halt immer einen Vorwand.

Fotos mit Büchern wird es noch genug im Zusammenhang mit der Buchmesse geben. Daher hier einmal etwas anderes: an einem Bistrostand eine alte Wurst- und Käseschneidemaschine, die täglich morgens auch genutzt wird.

Die amerikanischen Aussteller haben sich nun gangtechnisch besser von ihrer exklusiven Halle 8 in den allgemeinen Bereich integriert. Weniger Laufen, aber es gibt vermutlich damit im Gesamten weniger anzusehen. Auch wenn die Veranstalter mit Prozentzahlen um sich werfen, wenn sie nach absoluten Zahlen der Belegung gefragt werden. Da fehlt komplett der Bezug, auf welche Basis sich der Prozentsatz bezieht, und es hat immer das Geschmäckle des „Trau keiner Statistik, die du nicht selber erstellt (gefälscht) hast (alte Physiker Weisheit)“, wenn man sich so standhaft weigert, absolute Vergleichszahlen heranzuziehen.

Selfpublishing (= jeder, der meint, er kann Worte zu Papier bringen, die andere gefälligst interessieren sollen) ist bis zum Überfluss mit Basisthemen vertreten. Auch wenn die Buchmesse erst sehr spät auf den Dampfer des Küchentischautors aufgesprungen ist, jetzt ist das Thema bereits gründlich durchgewalzt.

Gefühlt ist die Buchmesse dieses Jahr kleiner, dafür wird es vermutlich weniger Leerraum in den Hallen geben als im letzten Jahr. Warten wir’s ab, die intensiven Tage kommen ja noch…


Kommentare

3 Antworten zu „Buchmesse 2015: Pressetag“

  1. Schön, dass Salman Rushdie mal wieder öffentlich auftreten konnte. Dafür kann man schon ein paar Euro für die Sicherheit springen lassen.

    1. War aber für diese Buchmesse ziemlich weit hergeholt. Es gibt auch in Indonesien Autoren, die sich unter Gefahr ihres Lebens für das einsetzen, was sie schreiben. Aber das interessiert hier keinen. Da muss ein Zugpferd her, koste es, was es wolle.

      Und wie blamabel ist es, wenn nach der Kurzrede des Autors das Gros der Journalisten den Raum verlässt ohne sich die eigentlichen Aussagen der Veranstaltung (Was ist los auf der diesjährigen Buchmesse – SR ist jedenfalls nicht da) anzuhören?
      Zugegeben, da kam auch nicht mehr viel…

      1. Ja, Rushdie ist ein Zugpferd.

        Es liegt aber ja nicht an der Buchmesse, dass verfolgte Autoren anderer Staaten nicht so bekannt sind. Oder doch? Sollte sie sich mehr für unbekannte verfolgte Autoren einsetzen?

        Der Sicherheitsaufwand wäre bei einem anderen Verfolgten sicher auch nicht viel geringer.

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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