speyer-2Das Technik Museum Speyer ist immer einen Besuch wert. (Die Anreise mit dem Flugzeug ist praktisch, weil das Museum in Sichtweite der Landebahn liegt.)

Vieles, womit man fahren oder fliegen kann, hat hier bereits seinen Platz gefunden. Das geht vom Zweitakter bis zur Boeing 747, die schon weit hin sichtbar über das Außengelände hinaus ragt. Alles liebevoll im Kontext präsentiert.

Mit der Eröffnung der Ausstellung „Deutsche Astronauten“ am Samstag gibt es einen weiteren Grund, hier die freie Zeit zum anschaulichen Wissensgewinn zu verbringen.

Gleich sechs der elf Deutschen Astronauten und Kosmonauten, deren persönliche Gegenstände in den Vitrinen zu sehen sind, waren am Eröffnungsabend anwesend und erzählten locker und amüsant aus ihrer Raumfahrtzeit: Ulf Merbold, Ernst Messerschmid, Hans Schlegel, Ulrich Walter, Reinhold Ewald, Gerhard Thiele und Gisela Furrer, die Schwester von Reinhard Furrer.

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Von links: Hans Schlegel, Ulf Merbold, Prof. Jan Wörner, Ernst Messerschmid, Ulrich Walter, Gerhard Thiele, Reinhold Ewald, Gisela Furrer.

Die elf Deutschen flogen sowohl mit amerikanischen Raumfähren als auch russischen Sojus-Raketen in den Weltraum. Während der insgesamt 16 Missionen führten sie dabei mehrere hundert wissenschaftliche Experimente durch.

Beim Fototermin links erklärt jeder, welche Ausstellungsstücke er zu den 194 Exponaten beitrug und warum. Das Resultat ist in je einer Glasvitrine pro Raumfahrer zu sehen. Alle Ausstellungsstücke stammen vom Training, den Missionen oder sind Auszeichnungen der Raumfahrer, meist im Kontext des ESA-Astronautenprogramms sowie der Kooperationen mit den USA/NASA und Russland.

Zur weiteren Wissensvertiefung gibt es ausführliche Informationstafeln und Exponats-Beschreibungen, Texte zu den Astronauten und den Missionen.

speyerGrausam mutet die originale Sojus-Kapsel an. Leichte Gebrauchsspuren lassen den „sanften“ Eintritt in die Erdatmosphäre und den Aufschlag bei der Landung erahnen: in der Minikapsel – drei Männer, eingepfercht auf so geringem Raum.
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„Apollo and Beyond“ heißt „Europas größte Ausstellung zur 50-jährigen Geschichte der bemannten Raumfahrt“, so der Veranstalter. Der Name erinnert ein wenig an den Bremer Kongress 2007 „To Moon and Beyond“ und an den derzeitigen Claim der NASA: Moon, Mars and Beyond sowie ein Spiel bei Kickstarter, das den Slogan ebenfalls recycelt. Ein Film von 1964 inspirierte sogar schon Stanley Kubrick für 2001, Odyssee im Weltraum.

Mir sind bisher eher die zahlreichen NASA-Ausstellungen mit den amerikanischen Errungenschaften bekannt und so ist diese Ausstellung zumindest für mich sehr speziell.

Eigentlich alle der anwesenden Astronauten und Kosmonauten habe ich schon über die Jahre vortragen und mehrfach Erlebnisse aus ihrer Raumfahrzeit erzählen gehört. In dieser Zusammensetzung und den gegenseitigen Kommentaren zu den Vorfällen war es neu und wieder spannend. Die Interviews waren sehr gut geführt von Ausstellungsleiter Gerhard Daum, im Bild rechts neben Gisela Furrer.

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Gerhard Thiele (Missionspezialist bei STS-99/SRTM mit Raumfähre Endeavour) und ESA-Generaldirektor Prof. Jan Wörner

Die letzten beiden Vorträge von Prof. Jan Wörner genoss ich bei der ESA im Zuge von Alexander Gersts Langzeitmission an Bord der ISS und bei der Jahrestagung 2015 des Luftfahrtpresseclubs in Leipzig. Bei ersterem war er noch Direktor des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der letzte Vortrag war die schmissigste, amüsanteste und eine trotzdem korrekte Präsentation zum Thema Raumfahrt und deren Zukunft, die mir bisher untergekommen ist. In Speyer war das Vortragstempo zwar genauso rasant, aber etwas gemässigter in der Form.

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Wörner weiß, wie er die Zuhörer „kriegt“: Mit dem Originalsound zu Raumpatrouille Orion.

Man kann (und muss wohl) kurz auf die Errungenschaften der Amerikaner und der Russen, den kalten Krieg und was aus diesem Wettkampf – wissenschaftlich gesehen – doch Positives entstanden ist, eingehen. Man (Wörner) kann das auch kurz halten und geringfügig länger darauf hinweisen, was die Deutschen (Europäer) zu dieser Zeit Raumfahrtmäßig machten: Eine Fernsehserie in schwarz-weiß, bei der Bügeleisen und andere Utensilien wie Badewanneneinläufe als Mikrofone zukunftsträchtig eingesetzt waren.

Aber, wie Wörner explizit hinweist: Es ging bereits sehr international zu bei der Besetzung der TV-Raumfähre. Also zukunftsweisend. Heute gibt es auch offiziell keine Deutschen Raumfahrer mehr bei der ESA, sondern Europäer deutscher Abstammung.

DSC_0047Und dann folgt noch Wörner’s (die ESA) Version der Zukunft der Raumfahrt. Im Detail wird das von einem Fach-Gremium in den nächsten Wochen diskutiert werden. Welche Rolle soll der Mond auf dem Weg zum Mars spielen und wo und wie können wir (endlich) das ESA-Wissen so einsetzen wie es der internationalen Realität entspricht?

„Ohne Neugier wird die Zukunft nicht kommen“, sagt Wörner provokativ. „Diesen Wert müssen wir wieder für unsere Jugend schaffen.“ Alle Astronauten/Kosmonauten seien ausgesuchte Menschen, stark selektiert nach ihrem Wissen und Können. Deshalb werden sie auch mit ungebrieften Vorkommnissen bei ihren Einsätzen fertig wie etwa Reinhold Ewald mit dem Brand an Bord oder Ulf Merbold mit einem Stromausfall während seines Einsatzes.

Das bringt Ulrich Walter zu einem spontanen Aktion: Er schlägt Jan Wörner als Ehrenastronaut vor. Wird in der Runde sofort abgenickt. Der Generaldirektor der ESA ist berührt.

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Das hier ist die NASA-Version.
Und gleich noch einen Link auf einen frischen Beitrag vom DLR, passend zum Thema: 15 Jahre „Astronauten-WG“ in der Internationalen Raumstation ISS. (Interview und Video)
Weitere Fotos aus der Ausstellung im Technik Museum Speyer:

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Buran.
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BOR: unbemannter Testflugkörper, zum Erfahrungssammeln für die Buran
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Fahrwerksschacht der sowjetischen Buran-Raumfähre. Sie war eigentlich nie richtig im Einsatz und sieht dem Space Shuttle recht ähnlich.

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Ja, ich mag rote Feuerwehrautos. 🙂
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Freue mich schon auf den nächsten Besuch im Technik Museum Speyer!

Alle Fotos: (c) H. Kleisny


Kommentare

3 Antworten zu „Deutsche Astronauten im Technik Museum Speyer“

  1. Da muss ich doch mal hin. Aber natürlich nicht mit dem Flugzeug. Eher ganz umweltfreundlich mit dem ElektroAuto :mrgreen:

    Oder noch besser mit dem Zug 🙂

    1. 🙂 Wie auch immer. Es lohnt sich.

      1. Ich weiß 🙂

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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