In New York startet im Januar 2009 ein Airbus A320. In 3000 Fuß (900 m) Höhe fallen beide Triebwerke wegen Vogelschlag aus. Etwas mehr als drei Minuten später landet der Airbus im Hudson. Alle überleben mehr oder minder unverletzt.

Emergency Landing,
All Engine Failure.

Was folgte, war für die Crew lange Zeit nicht der Ruhm für die erbrachte Leistung, sondern haarklein bissige Nachfragen, warum und wieso man denn nicht anders gehandelt hätte. Es war schlicht und einfach beschämend und demütigend für die Crew.

Nun kommt ganz sanft die Einsicht ans Licht, wie gut die beiden Piloten ohne vorhandene Procedures genau das perfekt Richtige getan haben. Obwohl Schreibtischtäter, die nicht in der zeitkritischen Notsituation waren, dies jahrelang bezweifelt hatten. Eine späte Offenbarung, die leider wesentlich weniger an die Öffentlichkeit dringt, als die ursprünglichen Unterstellungen.

Kein Wunder am Hudson, sondern Erfahrung, Kenntnis und die Anwendung des lebenslangen Lernens. Weil es eben noch keine Verfahren für genau diesen Fall gab, den man als gut dressierter ausführender Pilot abarbeiten hätte können.

Abarbeiten von Procedures.
All Engine Failure.

Die Crew von Flug 1549 fand in weniger als drei Minuten eine Lösung und führte sie erfolgreich aus, die nun nach acht Jahren in ein Airbus-Verfahren münden. Dieses ist eine nahezu 100%ige Kopie des Handlungsablaufes von Kapitän Chesley Sullenberger und seinem Ersten Offizier Jeff Skiles.

Bei der Hudsonlandung in 2009 hatten Sullenberger und Skiles in etwa folgendes Verfahren zur Verfügung. Es stammt aus Dezember 2016; in den Jahren zwischen 2009 und 2016 gab es nur wenige Änderungen. Das waren vier Seiten im QRH (Quick Reference Handbook):

Engine Dual Failure 1

Engine Dual Failure 2

Engine Dual Failure 3

Engine Dual Failure 4

Dieses Verfahren eignet sich für den Ausfall beider Triebwerke in Reiseflughöhe.
Es zielt in erster Linie darauf ab, die Triebwerke durch Windmilling, also ohne den Einsatz des Anlassers einfach durch Anströmung von vorne, wieder an zu lassen. Dazu ist eine hohe Geschwindigkeit (Optimum Relight Speed, siehe Prozedur) von 280 Knoten (520 km/h) nötig, die mit einer sehr hohen Sinkrate verbunden ist. Hätten die beiden das gemacht, dann hätten sie kein sicheres Landefeld erreicht.

Statt dessen starteten sie die APU (Auxiliary Power Unit; Hilfsgasturbine). Das verbessert die Stromversorgung und ermöglicht einen Startversuch mit Unterstützung des Anlassers.

Da für den Rest der Prozedur keine Zeit war – das Ditching (die Notwasserung) wäre erst auf Seite 4 gekommen – , führen sie das Ditching nach eigenem Ermessen mit Klappen in Stellung 2 durch, um im Flare (Ausschweben) eine hohe Pitch (Winkel zwischen Längsachse des Flugzeuges und dem Horizont) zu erreichen. Dies erschien ihnen – und hat sich letztlich als wahr herausgestellt – imminent wichtig, damit der hintere Teil des Rumpfes vor den Triebwerken in Kontakt mit dem Wasser kommt und somit eine brachiale Drehung um die Hochachse verhindert wird, falls ein Triebwerk kurz vor dem anderen in das Wasser eintaucht. Sie setzten letztlich mit einer Pitch von 11 Grad auf.

Die oben genannte, alte, lange Prozedur verlangt an dieser Stelle Klappen in Stellung 3. Damit würde das Aufsetzen mit einer geringeren Pitch (flacher) stattfinden; mit all den negativen Konsequenzen.

Die Unfalluntersucher empfahlen nach der Befragung der Crew, dass es ein besser handhabbares Verfahren für den Ausfall beider Triebwerke in Bodennähe geben muss.

Airbus arbeitete daraufhin acht Jahre mit vielen Ressourcen daran. Doch all die Ingenieure, Testpiloten und Juristen – es muss ja „wasserdicht“ sein, damit Airbus nicht Schuld ist – konnten nichts besseres finden, als das, was Sullenberger und Skiles in drei Minuten „erfunden“ haben. Sogar die Empfehlung für das Aufsetzen mit 11 Grad Pitch steht nun in der ersten offiziellen Prozedur:

Emer Landing

Auch in der langen Prozedur, die es – aus guten Grund – dazu noch immer gibt, wurden aufgrund der Erfahrungen von Cpt. Sullenberger und Skiles die Werte angepasst. Auf Klappen 2 und 11 Grad Pitch.
Fehlerbehebung durch die Praktiker.

Vielleicht kann man doch nicht alles aus Büchern so lernen, dass man es dann ebenso stur und prozedural nach einer Liste abarbeiten kann. Vielleicht kommt manchmal doch die Erfahrung und das lebenslang erworbene Wissen dazu und rettet mehr Leben als das sture Buchstaben abarbeiten. Vor allem, wenn nicht alle Fälle bekannt sind und der menschliche Geist gefordert ist.


Kommentare

18 Antworten zu „Was Airbus von Sully gelernt hat“

  1. 2xhinschauen

    Schöne Anekdote aus dem Bereich „Erfahrungslernen“. Es gab halt bisher nicht viele Notwasserungen zur Auswertung, jedenfalls nicht viele, von denen hinterher jemand erzählen konnte. Die bisherigen Prozeduren waren eben Guesswork und Versuchsergebnisse im Simulator, nehme ich an.

    Den befürchteten Effekt eines Aufsetzens mit leichter Querneigung (drehen/überschlagen) gab es ja mal, die äthiopische 767 im indischen Ozean vor laufenden Kameras. Jeder Linienpilot dürfte das gesehen haben.

    Ich bin ja der Meinung, dass das Erfahrungslernen im Luftverkehr deutlich besser und konsequenter funktioniert als in vielen anderen Bereichen, einige wissenschaftliche Fächer eingeschlossen. Wäre interessant herauszuarbeiten, woran das im einzelnen liegt (öffentlicher, politischer, wirtschaftlicher Druck durch die im Einzelfall erschreckenden Opferzahlen?) und was andere Industrien und Fächer diesbezüglich vom Luftverkehr lernen könnten. Metaerfahrungslernen sozusagen.

    Was anderes & eine Frage dazu – Du legst doch immer großen Wert auf Laienverständlichkeit Deiner Posts und der Kommentare *smile. Boeing und viele andere benennen die Landeklappenstellungen mit Gradzahlen, Airbus mit Nummern: Flaps 2 ist eine Hebelstellung weniger als Flaps 3, bei Boeing wäre das sowas wie Flaps 15, Flaps 25 usw. Je mehr Flaps, desto mehr Auftrieb und desto mehr Luftwiderstand, desto langsamer kann man fliegen ohne Strömungsabriss, entsprechend größer kann der Anstellwinkel werden (Pitch).

    Oben im Text steht aber bzgl. Pitch was anderes. Wo ist mein Fehler? Sind die Verhältnisse beim Ritt auf dem Ground Effect in niedriger Höhe anders?

    1. Es gab halt bisher nicht viele Notwasserungen zur Auswertung

      Stimmt. Aus dem Stehgreif kann ich mich nur an mindestens drei Wasserlandungen erinnern, auf die Sullenberger in seinen Interviews verwies. Die von Dir erwähnte äthiopische 767 im indischen Ozean war eine davon. Vielleicht waren es auch einige mehr als drei. Dazu müsste ich die Aufnahmen erneut abhören.

      Bei allen Unfall-Wasserlandungen hatte Sullenberger studiert, was genau zu welchem Ausgang geführt hatte und wie man trotz der unterschiedlichen schlimmen Ausgangslagen anders handeln hätte können um zu einem besseren Ergebnis zu gelangen.
      Unfälle, die er studiert hatte – lange Jahre oder Jahrzehnte, bevor das Wissen bei ihm zum Einsatz kam.

      😉 Das ist eben der feine Unterschied zwischen der lebenslangen fliegerischen Attitude, die viele Leben rettete, und der Großkotzigkeit derer, die ihm die Leistung absprechen wollen, nur um die eigene Bedeutungslosigkeit zu erhöhen…

      Wäre interessant herauszuarbeiten, woran das im einzelnen liegt (öffentlicher, politischer, wirtschaftlicher Druck durch die im Einzelfall erschreckenden Opferzahlen?) und was andere Industrien und Fächer diesbezüglich vom Luftverkehr lernen könnten. Metaerfahrungslernen sozusagen.

      Das fände ich auch spannend, warum man an den Luftverkehr immer um so viel größere Normen anlegt als etwa bei Bussen, LKWs oder Bahnen.
      Die (Opfer-)Zahlen sind es vermutlich nicht, auch wenn jeder Tote einer zu viel ist.

      Was Du sinnvollerweise vorschlägst, ist zwar kein Metaerfahrungslernen, denn das wäre das Lernen über das Lernen (also so etwas wie Lerntheorie), sondern begriffsübergreifendes Lernen. Also die Anwendung von Erfahrungen aus andere Gebieten auf das eigene.

      😉 Dazu müsste man allerdings zuerst anerkennen, dass da erstens Bedarf ist und zweitens, dass die im Luftverkehr Beteiligten gerade wegen der hohen Anforderungen vielleicht um einiges weiter sind als andere. Und welcher Nicht-Luftfahrer sieht das schon ein?

  2. Flugkapitän

    @2malhinschauen.

    Den Begriff Anekdote kann ich nicht ganz nachvollziehen.
    Für uns Airline Piloten ist es eine Anekdote, dass es 8 Jahre gedauert hat, bis dieses Verfahren endlich offiziell veröffentlicht wurde.
    Trainiert haben professionelle Crews Handlungsabläufe außerhalb von Verfahren schon immer. Zählt zu Good Airmenship.
    Qualifiziertes Personal ist deutlich weniger darauf angewiesen für alles und jedes ein vorgedachtes Verfahren zu haben. Minimal ausgebildetes Personal kann ohne nicht überleben. (Und überlebt dann auch nicht, wenn es in eine solche Situation kommen).
    Um so erstaunlicher, dass es so lange gedauert hat, die rettenden Handgriffe in ein Procedure zu gießen.

    Aber nun zu Deiner Frage:
    Ja, Boeing benamst die Klappenstellungen nach dem Winkel, wie weit die (Trailing-Edge-)Flaps ausgefahren sind. Also der Klappen, die nach hinten ausfahren.
    Airbus nummeriert einfach von Null (ganz eingefahren) über 1, 2 und 3 bis Full (ganz ausgefahren) durch.
    Beim Fahren der Klappen fährt aber nicht nur was nach hinten, sondern auch was nach vorne, nämlich die Slats (Vorflügel), aus.
    Generell ist es so, dass mit mehr Flaps & Slats die Geschwindigkeit des Strömungsabrisses sinkt, da Flügelfläche und Profil sich ändern und somit der Auftriebsbeiwert steigt.
    Bei welchem Winkel (Pitch) es zum Strömungsabriss kommt, hängt (nicht nur, aber im wesentlichen) davon ab, wie sich die Geometrie der Profilsehne in Relation zur Längsachse des Flugzeugs ändert.
    Die Profilsehne ist die Verbindung zwischen dem Punkt an der Vorderkante der Tragfläche an dem sich die Strömung um den Flügel nach oben und unten teilt und dem Punkt an der Hinterkante der Tragfläche, wo die Strömung wieder zusammen kommt.
    Wenn ich also etwas nach hinten unten ausfahre, dann ist die Anstellung der Tragfläche nun größer, als die Anstellung (Pitch) des Flugzeugs, da die Sehne nun von vorne nach hinten betrachtet abfällt, also auch bei Null Grad Pitch (Winkel zwischen Horizont und Längsachse) einen positiven Winkel hat. Wenn sich die Eigenschaften des Profils dabei nicht stark ändern, dann erfolgt der Strömungsabriss nun bei kleiner Geschwindigkeit, aber auch bei einer kleineren Pitch.
    Wenn ich nun im Gegensatz dazu nach vorne unten die Slats ausfahre, dann verkleinere ich den Anströmwinkel der Sehne im Gegensatz zur Pitch. Folglich habe ich wieder eine kleinere Geschwindigkeit beim Strömungsabriss und nun auch einen größere Pitch als ohne die Slats.
    Zusammenfassen also:
    Die Slats vergrößern den Winkel (die Pitch) den das Flugzeug im Ausschweben, oder beim Strömungsabriss, hat.
    Die Flaps verringern den Winkel (die Pitch) den das Flugzeug im Ausschweben, oder beim Strömungsabriss, hat.

    Wie fahren nun die Klappen beim Airbus A320 (beim Ausfahren in der Luft; am Boden ist es anders):
    Hebel 0: Slats 0, Flaps 0
    Hebel 1: Slats 1, Flaps 0
    Hebel 2: Slats 2, Flaps 2
    Hebel 3: Slats 2, Flaps 3
    Hebel Full: Slats 3, Flaps Full

    Somit würde man den höchsten Winkel beim Ausschweben oder Stallen mit Klappen 1 erreichen. Doch die Geschwindigkeit wäre noch recht hoch.
    Zwischen Hebel in 2, 3 oder Full ändert sich die Stalling Speed nicht mehr viel, es kommt vor allem zur Erhöhung des Widerstandes.
    Also bieten sich 2, 3 oder Full zum Landen (Anmerkung: in normal Ops wird nur mit 3 oder Full gelandet) mit geringer Geschwindigkeit an.
    Bei Hebel in 2 halten sich Slats und Flaps die Waage.
    Bei Hebel in 3 oder Full gewinnen die Flaps und die Pitch wird beim Aussetzen kleiner sein, als mit Hebel in 2.

    1. 🙂 Flugkapitän.

  3. 2xhinschauen

    >> Anekdote
    War nicht bös gemeint, sondern i.S.v. Einzelfall. Aber schön, wenn man eine flapsige (hierin bitte keinen Doppelsinn suchen) Formulierung wählt und gleich kommt jemand um die Ecke und stellt das richtig.

    >> Meta
    War schon so gemeint, das sollte nicht in erster Linie dem Lernprozess als solchem gelten, sondern seinen Parametern. An der Übertragbarbarkeit dürfte es natürlich hapern: Was muss ein Doktorand in sagenwirmal Soziologie tun, wenn er plötzlich und dauerhaft keinen Bibliothekszugang mehr hat, aber trotzdem eine akzeptable Diss abliefern muss(!)? Wie solcherlei Umstände (plötzlich gilt eine Wahrheit nicht mehr oder erweist sich als nicht allgemeingültig) dann aber die Handlungsweise der Beteiligten beeinflusst: Da könnte der eine oder andere (z.B.) Wissenschaftler durchaus mal hingucken. Ähnlich in anderen Fächern. Natürlich müsste das von Unbeteiligten untersucht werden.

    >> Klappenstellungen
    Die Unpaarigkeit der Vorder- und Hinterklappenstellungen war mir nicht bekannt. Obwohl man das bemerken könnte, wenn man im Airbus als Passagier auf den Flügeln sitzt und denkt, man hätte Ahnung… Also danke @Flugkapitän.

    >> (die) Großkotzigkeit derer, die…
    Da kommt noch ein anderer Punkt dazu, Helga. Wir kommen beide aus einem Kulturkreis, in dem die persönliche Verantwortung für ein in der Zukunft zu erzielendes oder zu verhinderndes Ergebnis sogar über dem geschriebenen Recht stehen kann. Hier ist der Einzelne ausdrücklich zur Rechtsgüterabwägung verpflichtet, z.B. zwischen „Parkverbot einhalten“ und „Erste Hilfe leisten“, wenn Du beim Vorbeifahren einen daliegen siehst und da ist sonst niemand. Der Sinn einer Gesetzes- oder Vertragsklausel oder einer Vorschrift steht über deren Wortlaut. Ist jetzt sehr verkürzt dargestellt, aber wir kennen das hier nicht anders.

    In Großbritannien und auch den USA ist das nach meiner Erfahrung komplett anders: Vorschriften (übrigens auch Befehle) sind wortgetreu auszuführen, die Verantwortung liegt beim Befehlsgeber oder Handbuchautor usw., egal welche Konsequenzen dieses Handeln hat. Unvorstellbar bei uns.

    Das ist das, was da passiert ist. Sie haben einen Piloten, der einen Airbus geschrottet hat, als Insassen ihres eigenen Regeluniversums nach der Vorschriftenkonformität seines Vorgehens beurteilt und nicht in erster Linie nach dem Ergebnis.

    Wenn man amerikanischem „Recht“ und seinem weltweiten Geltungsanspruch unterliegt, muss man sich halt entsprechend absichern. Zur Not acht Jahre lang.

    Bei uns hätte man in diesem Fall wahrscheinlich/hoffentlich nur auf die Landkarte geschaut: „Irgendeine Piste in erreichbarer Nähe? Ein Acker? Nein? Ok, alles gut. Wir gucken dann im Nachgang mal nach den Procedures.“

  4. DasKleineTeilchen

    8 jahre?!? das ist doch n treppenwitz?!?

    1. 😉 2017 weniger 2009 macht nach Adam Riese und Eva Zwerg

  5. gedankenknick

    Nun kommt ganz sanft die Einsicht ans Licht … Eine späte Offenbarung, die leider wesentlich weniger an die Öffentlichkeit dringt, als die ursprünglichen Unterstellungen.

    Dies ist in unserer Zeit und in unserer Gesellschaft leider so. Berichtet wird, was im Mainstream liegt und Schlagzeile macht und damit
    a) Aufregung generiert
    b) Klickzahlen gerneriert
    c) Umsatz und Rohgewinn generiert.
    Bashing ist in. Die Meldung „Pilot hat prima gehandelt, alle haben überlebt“ ist nun mal leider wesentlich unspektakulärer als „Pilot hat sich nicht an die Anweisungen gehalten und das Leben von hunderten Passagieren riskiert!“ Dass es gar keine (korrekten) Anweisungen für den fraglichen Fall gab ist gemäß obiger Einstellung faktischer (nicht etwa postfaktischer) Wissensüberfluss, den man nicht kommunizieren muss. Schließlich möchte man den (Nachrichten-) Konsumenten nicht mit zu vielen „Fakten“ verwirren…

    Ich sehe es immer wieder an meiner eigenen Branche. Fakten und Zahlen interessieren nicht. Wenn man bei Umsatzsteigerung und gleichzeitigem Rohgewinnrückgang lautstark Umsatz zu Rohgewinn erklären darf, wird ordentlich (gegen uns) gebasht, faktenfrei versteht sich, aber laut. So bildet man des Volkes Meinung. Traurig, dass dem so ist, aber leider real.

    Ich wünsche der gesamten Flugbesatzung von US-Airways-1549 eine reichweitenstarke öffentliche Richtigstellung durch die Untersuchungsbehörden. Allein der Glaube daran fehlt… (Dazu gäbe es wohl Hollywood…?!)

    1. 🙂

  6. Ich glaube ich lauf gleich mal rüber zum Videoladen und hol mir „Sully“ auf Blu-Ray… das war die beste PilotsEye.tv Episode, die ich je gesehen habe 🙂

    Schöner Beitrag. Am beeindruckensten an der Hudson Notwasserung empfinde ich immernoch die sehr konzentrierte und unpanische Reaktion der Piloten. Fehlreaktion und Misskommunikation hätte hier definitiv zu einem Absturz geführt.

    Gerade in Notsituationen muss man als PF die operational procedures für einen Moment vergessen und einfach nur das verdammte Flugzeug fliegen… und genau das hat Sullenberger getan.

  7. 2xhinschauen

    @gedankenknick

    Die Meldung “Pilot hat prima gehandelt, alle haben überlebt” ist nun mal leider wesentlich unspektakulärer als “Pilot hat sich nicht an die Anweisungen gehalten und das Leben von hunderten Passagieren riskiert!”

    Hm… also ich will Dir ja nicht in allem widersprechen, was Du da schreibst, aber die weltweite Berichterstattung über die Wasserung im Hudson hat den Kapitän als Helden dargestellt und tut das bis heute, Hollywood inklusive. Heldengeschichten machen Auflage, nicht das penible Ausfüllen von Excellisten.

    Dass die Bürokraten ihren Job gemacht haben, möchte ich ihnen auch nicht grundsätzlich vorwerfen. Da hängen nämlich auch manchmal Leben dran. Nur die Umgangsformen und die hier unangemessene Verbissenheit sind zu kritisieren.

    p.s. welche ist Deine Branche, wenn Du die schon ansprichst?

  8. @Helga Kleisny „Was folgte, war für die Crew lange Zeit nicht der Ruhm für die erbrachte Leistung, sondern haarklein bissige Nachfragen, warum und wieso man denn nicht anders gehandelt hätte. Es war schlicht und einfach beschämend und demütigend für die Crew.“

    Kann man die bissigen Nachfragen irgendwo nachlesen?

    1. Kann man. U.a. in seinem Buch: Highest Duty (Man muss kein Held sein). Hier ist das Buch auf der letzten Folie abgebildet. Die vollkommen deplatzierten Nachfragen (und damit Unterstellungen) werden auch im Film gezeigt, der unter enger Mitarbeit von Cpt. Sullenberger entstand.

  9. […] nachdem alle Turbinen seiner Maschine kurz nach dem Start wegen Vogelschlag ausgefallen waren? Nach acht Jahren hat Airbus sein Procedere nun in eine Checkliste gegossen. Die gab es bisher nur für einen Triebwerksausfall auf Reiseflughöhe, und die Crew musste sich […]

  10. Schon mit dem ersten Kommentar, der sich nicht direkt mit dem Thema befasst, nimmt die Entfremdung des Threads vom ursprünglichen Thema zu. Leider geht das gefühlt exponentiell weiter 🙁
    Kommentare in diesem Blog sollen dem Wissenserwerb aller dienen und sind kein in die Welt Tröten des eigenen frustierten Lebens am Hyde Park Corner.
    Als Beispiel dazu, was die Kernaussage dieses Beitrages ist:
    Das aus heutiger Sicht korrekte Verfahren für eine Notwasserung (eines A320) und wie es dazu kam.
    Wer dazu inhaltlich Essentielles beitragen kann, nur zu. 🙂

  11. @ Helga Kleisny
    Interessant. Du schärfst die Kommentare und schon hört der Zustrom an seichtem Bla auf. 🙂
    Meine Zeit ist endlich und so sehe ich wirklich nur Relevantes in Deinen Texten und in den Kommentaren. Danke dafür! Ein sehr erfrischender und inhaltlich gehaltvoller Fachblog!
    Damit dieser Kommentar aber auch veröffentlicht wird: 😉 nun meine Frage zu den Procedures: Wie genau übt ein Linienpilot die? Wo und wie oft?

  12. Flugkapitän

    @ MarcoE
    Wenn ein Pilot auf ein neues Muster geschult wird, dann lernt er im so genannten Type-Rating alle Normal- und Abnormal-Procedures. Na, zumindest die wesentlichen. Bei modernen Verkehrsflugzeugen gibt es nämlich leicht über tausend Abnormal-Procedures. Man lernt vor allem ein Konzept, wie man mit Abnormals umgeht. Je nach Qualität der Ausbildung lernt man entsprechend viel Hintergrundwissen, so dass man auch bei nicht vor gedachten Ereignissen die Situation beurteilen und entsprechend handeln kann (Wie das geht, haben Sully und Skiles gezeigt).
    Das Type-Rating besteht aus Theorie-Schulung, Simulator-Schulung und gegebenenfalls einem Landetraining im richtigen Flugzeug.
    Mit bestandenem Type-Rating geht es dann auf die Linie, wo sich je nach Airline noch eine mehr oder weniger lange Linien-Ausbild anschließt. Hier fliegt der neue Co oder der neue Kapitän zunächst mit Ausbildungs-Kapitänen, bis er alle Lernziele der Linienausbildung erfolgreich erreicht hat. Abgeschlossen wird das ganze noch mal mit einem Check. Erst dann kann der Neue mit normalen Linien-Kollegen auf Reise gehen.
    Das Type-Rating ist jeweils nur für ein Jahr gültig. Nach ca. 6 Monaten gibt es den so genannten Operator-Check (4 Stunden im Simulator mit jeder menge Abnormals) wer hier durchfällt darf nicht weiter fliegen und muss erneut geschult werden. Wer besteht darf am Ende des Jahres zum Verlängerungs-Check antreten. Wieder 4 h Sim mit jeder Menge Abnormals. Wer besteht bekommt sein Type-Rating verlängert und es gibt im nächsten Jahr wieder die 2 Checks. Zusätzlich zu den Checks gibt es noch mehrere Refresher pro Jahr. In der Regel 2 bis 3. Auch dass sind Simulator Ereignisse mit bestimmten Themen, um das Wissen in verschiedenen Bereichen zu vertiefen oder aufzufrischen. Hier kann man zwar formal nicht durchfallen, doch werden Defizite erkannt, dann wird weitere Schulung vor dem nächsten Einsatz durchgeführt.
    Ferner wird einmal pro Jahr ein so genannter Line-Check absolviert. Hierzu setzt sich ein Ausbilder bei einem normalen Linienflug mit ins Cockpit und überprüft die Crew auf diesem Flug.
    Verfahrensänderungen wie das oben genannte neue Verfahren werden entsprechend an alle Piloten verteilt und im Selbststudium erlernt und gegebenenfalls bei den nächsten Checks und Refreshern überprüft.
    Es gibt als pro Jahr 20 h Simulatorzeit um die Abnormal Verfahren immer wieder zu trainieren. Die Normal-Procedures werden auf jedem Flug angewandt und gehen in Fleisch und Blut über.
    Die Qualität der Crews wird also 3 mal im Jahr per Check (2 Sim Checks (Abnormal-Procedures) und ein Line-Check (Normal-Procedures)) überprüft. Und es gibt 2 bis 3 Weiterbildungsereignisse (Refresher).

    Schlechte Arbeit hat also sehr bald negative Konsequenzen.

  13. 2xhinschauen

    Antwort auf einen der letzten Kommentare auf der alten Site (http://scienceblogs.de/flugundzeit/2017/01/29/was-airbus-von-sully-gelernt-hat-2/#comment-14198)

    @astroklaus

    Es gibt kaum einen praktischen(!) Aspekt, unter dem “automatisches Fahren” und “automatisches Fliegen” direkt miteinander vergleichbar wären. Beim Fahren geht es um z.T. extrem dichten (Abstände in Relation zur Geschwindigkeit), aber unkoordinierten Verkehr, Bewegung in grundsätzlich unbekannter Umgebung und den Umgang mit schlecht oder gar nicht ausgebildeten, vielfach undisziplinierten und bisweilen betrunkenen Verkehrsteilnehmern, von denen nicht jeder in einem geschützten Fahrzeug sitzt.

    Was beiden (und anderen) Gebieten tatsächlich gemeinsam ist, ist ebenjenes systematische und nachhaltige Erfahrungslernen bei den Profis – damit meine ich die Ingenieure, die die Fahr- und Flugzeuge bauen, und bei den “Verkehrsteilnehmern” nur die Flieger, aber nicht die Fahrer, die in ihrer Mehrzahl Amateure sind, von Radfahrern und Fußgängern gar nicht zu reden, die es in der Luft nicht gibt.

    Der Erhöhung des Sicherheitsnivaus im Straßenverkehr (in Richtung “100% sicher”) sind mithin sehr viel engere Grenzen gesetzt als im Luftverkehr, solange man den Individual-Autoverkehr nicht komplett verbietet (was manche Innenstädte aber gewiss bald tun werden).

    Auf dem Weg dahin erproben die Entwickler von Fahrcomputern ihre Produkte im realen Verkehr, dies schon seit Jahren, und dieses Erfahrungslernen wird nicht aufhören und hat auch im Luftverkehr nie aufgehört. Entsprechend entwickeln die Flugzeughersteller nicht nur ihre Computer weiter, sondern auch die “Procedures”, die nur Menschen ausführen können.

    Und um auch das noch zu erwähnen: Ein Faktor, der automatisches Fahren und automatisches Fliegen fundamental voneinander unterscheidet, ist die Menge der Möglichkeiten zur sicheren Reaktion auf den akuten Ausfall der automatischen Steuerung.

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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