…ist bestimmt durch die Zukunft der Gesellschaft mit ihren Veränderungen

Ansätze zum Nach- und Weiterdenken

Durch die Digitalisierung der Arbeitswelt sind bereits heute die Jobs von 15 Prozent der Deutschen ersetzbar. In konkreten Zahlen heißt das 4,4 Millionen Jobs könnte schon heute eine Software oder ein Roboter erledigen. Etliche Berufe wie Schriftsetzer oder Flugingenieur sind in den letzten Jahrzehnten praktisch ausgestorben. Bei vielen anderen ist es durch die zunehmende Digitalisierung nur mehr eine Frage der Zeit, wann auch sie durch Soft- oder Hardware ersetzt sind: Redakteure, Finanzbeamte, Juweliere, Zählerableser, Briefträger, Versicherungsmakler, Fabrikarbeiter, Flugbegleiter, Landwirte, Holzfäller, Bauern…

Das zumindest sagen eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB, Ende 2016) voraus und die US-Jobdatenbank Career Cast.

Bei Branchen schlägt die Digitalisierung ähnlich hart zu: Taxiunternehmen gehen pleite durch Uber, Hotels kämpfen gegen Airbnb, Ärzte und Apotheken gegen den Ersatz im Internet, auch Musik kann schon von Robotern generiert werden, Banken verlieren ihre Bedeutung durch FinTech (Crowdsourcing, BitCoins, etc), klassische Werbung erledigen Influencer und die Film Branche setzt schon lange auf CG (Computer Generated) Stunts und Filmszenen.

Was also berechtigt genau den Sektor Luftfahrt, zu glauben, dass er von der Digitalisierung nur minimal betroffen ist, und es hier keine rapide Umbrüche in der Struktur geben wird? Nur, weil Fluggeräte in der Luft nicht anhalten können? Genügt das?

“Die Airline Industrie ist wie ein Dinosaurier – der die Entwicklungen um sich herum verschläft – genauso selbstsicher und großspurig, wie die Publishing Industrie noch vor einigen Jahren war; die nun von der Technologie überrollt wurde,” sagte Simon Daykin, NATS Chief Architect auf dem FT Business of Aerospace & Aviation Summit im April 2017.
Links: Die Luftfahrt heute mit einigen der prägenden Player. Wie sieht das in zwanzig, dreißig oder fünfzig Jahren aus?

Technik, Antrieb und e-Mobilität
Bei den angestammten Playern und der Technik in der Luftfahrt hat sich in den letzten Jahrzehnten nichts Wesentliches getan. Der Diesel konnte sich nicht etablieren und auch an den Jettriebwerken gab es keine gravierenden strukturellen Änderungen: ein wenig Ummantelung hier, ein wenig mehr Verdichtung da.

Bei der erdgebundenen Fortbewegung tauchten in den letzten Jahren Firmen auf, entweder aus dem nichts, oder sie waren zumindest zuvor mit andern Geschäftsmodellen erfolgreich: Apple, Baidu, google, Intel, Tesla setzen auf e-Mobilität, die angestammten PKW-Hersteller ziehen langsam und zögernd nach. In Norwegen ist heute bereits jeder dritte verkaufte Neuwagen ein e-Mobil, jedes Jahr kommen 26 % mehr Ladestationen dazu.

“Der e-Antrieb hat drei Probleme: Batterie, Batterie und Batterie”, sagte ein Forscher des Green Brain Projekts. Das gilt umso mehr für die Luftfahrt. Denn Batterie ist gleich Gewicht und das ist das letzte, was man in der Luftfahrt dazu bekommen möchte. Daher wird mit Nachdruck nach Lösungen gesucht, das Batterie/Gewicht-Problem gilt umso stärker in der Raumfahrt. Gemeinsam forscht das DLR mit der japanischen Raumfahrtagentur JAXA nach langlebigen Li-Ionen Batterien für Langzeitmissionen. Auch Glas als Elektrolyt – um Kurzschlüsse und Brände zu verhindern – Weiterentwicklungen wie Lithium-Metall, Lithium-Schwefel- oder Lithium-Luft-Batterien stehen auf dem Prüfstand des DLR. Für die übernächste Generation von Batterien (zehn Jahre +) sucht man nach Alternativen zur Lithium-Technologie. Metall-Luft-Batterien mit einer Metallelektrode und der umgebenden Luft könnten Energie auf kleinerem Raum kostengünstiger speichern. Was sich durchsetzten wird, darüber sind sich die Forscher noch nicht einig.

Auf der Luftfahrtmesse in Le Bourget dieses Jahr fragte ein Vertreter der Normierungsvereinigung SAE: Wann gibt es endlich das Tesla Flugzeug? Elon Musk will die Autos per Parkbuchten in Tunnels verfrachten und den Verkehr unterirdisch weiterführen  – statt auf Autobahnen im Stau. Wenn ihm die Unterstützung fehlt, dann kauft der Milliardär eben selbst eine Tunnel-Bohrmaschine und setzt sein Projekt alleine um. Wo sind die Musks in der Luftfahrt?

Es gibt unzählige Startups mit diversen Drohnen, etliche fliegende Autos seit Jahrzehnten, aber alles erreicht bisher keine durchschlagende Serienreife. Hersteller von Fracht- und Personendrohnen weichen auf die arabische Halbinsel aus, weil die dortigen Herrscher sowohl Interesse zeigen, als auch das nötige Kleingeld und weniger Regeln und Vorschriften (was den individuellen Luftverkehr betrifft) haben. Airbus forscht an künftigen Antrieben zunächst im Kleinformat. Drohnen und Ein-, Zwei und Viersitzer mit E-Antrieb oder Brennstoffzellen dienen eher als erste Forschungsträger für künftige Technologien für Großraumflugzeuge als dass sie zur Serienreife entwickelt werden sollen.

Sowohl Airbus als auch Boeing sehen in der nächsten Generation von Verkehrsfliegern das bereits im letzten Jahrhundert vorgeschlagene Konzept von Nurflüglern. Mittlerweile gibt es auch die Werkstoffe, sie umzusetzen. Bei Airbus heißt das Projekt Sagitta. Der diamantförmige Nurflügler besteht aus CFK und soll sich autonom fortbewegen. Bei Boeing/NASA heißt die platte Flunder X-48B und hat zwecks Lärmreduktion die Triebwerke an der Hinterkante oben auf der Tragfläche.

Wenig an Forschung – im Vergleich zum Boden – geschieht bei der prinzipiellen Struktur der Luftfahrt. Nur die Lufträume werden minimal angepasst, größere Veränderungen hierbei sind weiterhin durch nationale Interessen blockiert. Auf einer Veranstaltung der britischen Autoindustrie zeigte man ans Militär angelehnte künftige Verkehrskonzepte für den Boden: Platoons. Dabei soll ein LKW mit Fahrer eine Fahrzeugkolonne entweder von anderen autonomen LKWS oder PKWs anführen und steuern. Die einzelnen Fahrzeuge reihen sich bei Bedarf ein oder aus in den Verkehrszug.

Zur Akzeptanz der Autonomie in der Fortbewegung

In den 90er Jahren gab es bereits einen ernsthaften Vorstoß seitens der Luftfahrthersteller (Airbus), Flugzeuge mit immer weniger Piloten zu steuern, im Idealfall mit dem Ziel: komplett ohne Mensch. Die Airlines waren sehr interessiert, die Pilotenschaft konnte das trotzdem rasch abfedern (“Man kann ein Flugzeug in der Luft nicht anhalten, auch nicht im Notfall”) und die Idee verschwand recht rasch auch wegen der allgemeinen Nichtakzeptanz in der Bevölkerung von autonomer Fortbewegung.

Das sieht im 21. Jahrhundert anders aus: Autonome Technik (Staubsaugroboter, Vernetzung von Geräten) erobert zunehmend den Haushalt. U-Bahnen ohne Fahrer sind Alltag und der gläserne Mensch ist für die junge Generation eine Selbstverständlichkeit. Die Mensch-Maschine-Schnittstelle wandelt sich zur Mensch-Maschine Partnerschaft:

Human in Command

Hier bestimmt der Mensch, wo es lang geht und setzt Computer nur zur Unterstützung ein, wenn er sie für einen (Sub-)Task braucht. Taschenrechner. Heutige ferngesteuerte Flugmodelle.

HITL – Human In The Loop 

Bei Human-in-the-Loop (HITL) ist menschliche Interaktion immer mit dabei. HITL wird bei Modellierungen und Simulationen eingesetzt.

HOTL – Human On The Loop
Kontrolle ist eine Aktion, bei der der Mensch den Betrieb der Autonomie überwacht und die Kontrolle nur übernimmt, wenn die Autonomie der Maschine unerwartete Ereignisse erfährt oder ein Fehler auftritt. Der klassische Autopilot im Flugzeug also, der aufgibt, sobald die realen Aufgaben seine Programmierung übersteigen.

HOOTL – Human Out Of the Loop
ist das Ziel bei kompletter Autonomie von Fahr- oder Flugzeugen.

Das Problem bei HOTL und damit auch künftig noch weiterentwickelter Computer in Flugzeugen ist das Hand-Off-Problem, also die Übergabe an den Menschen. Schon heute steigt der Autopilot aus, wenn ihm die Situation über seinen (Daten)Kopf steigt. Und dann muss der Mensch schnell nachvollziehen, was wie gesetzt ist an Parametern, welche Funktionen noch aktiv sind und warum welches Gerät was anzeigt.

Piloten sind heute beim Autopilot nicht so weit aus dem technisch fliegerischen Loop, wie es vermutlich etwa künftige Kraftfahrer sind, wenn ihr Auto autonom von A nach B fährt. Fernsehen, mit dem Handy spielen oder Buch lesen – all das soll der PKW Passagier dürfen, während das autonome Fahrzeug eigenverantwortlich lenkt. Die Industrie sucht also mit Hochdruck nach Möglichkeiten, den Menschen in Notsituationen schnell zum Eingreifen zu bringen. Mit Techniken, die auf lange Sicht vielleicht auch im Flugzeug einsetzbar sind.

Emotionen und Gerüche sind dabei die Zauberworte; Sensoren mit Datenverarbeitung die schneller als Menschen erkennen, in welchem emotionalen (wütend, müde) Zustand der Mensch ist, könnten rechtzeitiger warnen als etwa Töne. Zwar nehmen Menschen Gerüche nicht so intensiv wie Hunde oder Katzen wahr, aber die Geruchswahrnehmung wird stark unterschätzt und ist noch eine recht junge Forschung. Dass (die meisten) Männer etwa auf heulende Frauen emotional reagieren, liegt am Geruch der Tränen! Den nimmt man zwar nicht bewusst wahr, aber Düfte umgehen das Bewusstsein und dringen ohne Umwege sofort ins Gehirn. Mit Gerüchen kann man Menschen auch aus dem Tiefschlaf aufwecken. Mit Düften kann man Menschen mit VR-Brillen so steuern, dass sie, obwohl sie wissen, dass das Gezeigte nicht Realität ist, nicht den einen Schritt nach vorne wagen, weil er im Brillenfilm vom Balkon in den Abgrund führt.

Soul Machines ist eine der Firmen, die bei der Emotionen-Erforschung in der Technik ganz schön weit sind: BabyX und Chatbot Nadja erkennen die Emotionen des Gegenüber oder der Umwelt und reagieren darauf.

 

…meet Erica

 

 

 

 

Da draußen, außerhalb unserer Luftfahrt-Käseglocke tut sich sehr viel, von dem wir als Luftfahrer nichts mitbekommen oder wissen. Die Wissenschaft ist wesentlich weiter, als wir wahrhaben wollen.

Und, ob der menschliche Pilot einen humanoiden Roboter neben sich eher akzeptieren würde, als einen industriellen Roboterarm – obwohl beide die gleiche Software innehaben – kann man sich anhand der Akzeptanz von Siri, Alexa und ihren Freundinnen durchaus vorstellen.

Meet Sophia…

 

 

 

 

Deep Learning ist die moderne Form der Künstlichen Intelligenz (= Übersetzung von Artificial Intelligence und nicht gleichzusetzen mit dem deutschen Wort Intelligenz). Beim ersten Hype der KI Ende letzten Jahrhunderts verstand man dabei regelbasierte Systeme. Also etwa besteht dabei das Attribut “Sessel” aus den Eigenschaften (=Regeln): vier oder drei Beine, man kann darauf sitzen, ist aus Holz oder Plastik, kleiner als 1 Meter usw. Die Probleme sind offensichtlich: Da fehlt immer irgend eine Regel oder eine Regel ist zu eng: Stoffbezug, Einbein-Hocker usw.

Selbstlernende Systeme auf der Basis von Deep Learning haben heute einen anderen Ansatz: Sie funktionieren ähnlich wie das menschliche Gehirn über “Neuronen”, die bei jedem “Kontakt” feuern und damit wie der Mensch über Vorannahmen oder Wahrscheinlichkeiten ticken. Neuronale Netze sind Mustererkennungssysteme, die Anforderungen durch die Analyse von riesigen Datenmengen lösen. Durch Tausende von Hundefotos kann ein neuronales Netzwerk lernen, einen Hund zu erkennen. So identifiziert Facebook Gesichter in Schnappschüssen und so sucht Google gezielt nach Fotos in seiner Fotos App. Je mehr Fotos etwa das System zur Verfügung hat, die Strassen zeigen, umso besser weiß es, was es als solche identifiziert. Wie der Mensch auch, der dies als Kind lernt.

Das kann man auch zur Steuerung von Flugrobotern einsetzen. Forscher an der Universität of Sussex orientieren sich an Bienen bei der Navigation ihrer Aerial Robots. Bienen haben zwar deutlich weniger Gehirn als ein Mensch, aber eine durchaus vergleichbare komplexe Neuronenstruktur. Ihr Gehirn arbeitet wie heutige Deep Learning Maschinen, oder besser, diese arbeiten angelehnt ans das Bienengehirn: Das Brummelchen merkt sich nur die Umrisse der Landschaft für die Richtung, in die es fliegen will, etwa nach Hause. Ähnlich einer Skyline. Und dann sucht es im Kreis, welche Richtung am ehesten dem abgespeicherten Bild entspricht. Die 1:1 Übereinstimmung bei den alten komplett Regelbasierten Systemen entfällt damit. Denn, wenn sich in der Zwischenzeit ein Ast anders bewegt hat, oder ein Auto parkt, wo vorher keines stand, dann trifft diese Methode noch immer die richtige Richtung. Clever. Es ist also mehr die größte Übereinstimmung oder eine Wahrscheinlichkeit, oder ein Prozentsatz – der beste Treffer macht das Rennen.

So lässt sich auch Langzeit Autonomie umsetzen und alles Notwendige zum Denken (Steuern) an Bord des fliegenden Robots minimieren.

Sicherheit
Safety ist etwas anderes als Security, auch wenn beides im Deutschen mit Sicherheit übersetzt wird. Bei Safety geht es darum, dass das autonome Vehikel nicht abstürzt, also eine Sicherheit aus technischer Sicht: Fehlertolerante Systeme, Hardware Fehler… Zur Security zählen die IT-Sicherheit (Hacker, Cybercrime, Programmierfehler, Passwörter, Verschlüsselung, Ausspähen von Daten…) und die Zuverlässigkeit von Menschen. Um Safety-Anforderungen zu erfüllen, braucht es andere Konzepte als für die der Security.

Nur ein kurzer Anriss einiger Sicherheits-Aspekte, da dies ein eigenes großes Thema darstellt:

  • Mass Hack in autonome Technik ist möglich, weil Hardware durch Software ersetzt wird.
  • Erfassung von Kunden/Passagierdaten (Ort, Zeit, Emotion, Gesundheit, Alertness…)
  • The Car Hackers Handbook (white hat hackers) ist offiziell im Internet verfügbar; das könnte es auch für Flugzeugbordsysteme geben

Und: Wenn Maschinen lernen, wie Menschen zu handeln, kann das genauso schief gehen: Ein autonomes System sollte sich in einem Computerspiel (Coast Runner) behaupten:

Aus der NY Times: The autonomous boat was far too interested in the little green widgets that popped up on the screen. Catching these widgets meant scoring points. Rather than trying to finish the race, the boat went point-crazy. It drove in endless circles, colliding with other vessels, skidding into stone walls and repeatedly catching fire.

 

Volvo testet in Australien selbstfahrende Autos und stößt dabei auf unerwartete Schwierigkeiten – Kängurus. Deren Bewegungsmuster überfordern die Software, die bisher nur mit klassisch-skandinavischer Fauna klar kommt – Elchen. (wired.de)

Newsweek: Want to win a nuclear war? Build better hackers, not better bombs.

(Atombombenkriege gewinnt man mit Hackern, nicht mit besseren Bomben.)

Recht und Gesetz
Die Technik kann heute schon viel mehr als der Gesetzgeber zulässt. Eine geplante EU-Richtlinie zum Vertragsrecht für digitale Inhalte sieht vor, dass auch Nutzer von Gratis-Apps in Zukunft ein Recht auf Reparatur oder Rückgabe haben, warnt der Branchenverband Bitkom. Die Rechte gelten aber nur, wenn Nutzer mit ihren Daten “bezahlen“.

Auf einem Segelfluggelände in Bayern war im Sommer eine Motormaschine gestartet. Das fand die Landesluftfahrtbehörde über die allgemein zugängliche Software flightradar24 heraus und schickte eine Email: “Habe auf flightradar24 einen Flug von und nach … (Segelflugplatz) mit der D-E… (Datum, Uhrzeit) gesehen. Bei dem Flugmuster sieht es mir mehr nach “Sightseeing” aus. Können Sie mir den Flugzweck bei Gelegenheit mal melden? Danke.”

Nun dürfen an Segelfluggeländen Motorflugzeuge nur zum Schleppen oder Absetzen von Fallschirmspringern eingesetzt werden. Alles andere ist untersagt. Der Flug war aber eine Waldbrandbeobachtung der Luftrettungsstaffel Bayern und unterlag daher einer Sonderregelung. Das Tracking via Internet reicht nicht für einen Ordnungswidrigkeiten-Bescheid, aber immerhin für einen Anstoß zur weiteren Nachforschung. (LVBayern)

Die Luftfahrtindustrie von heute ist bereits Schnee von gestern

Dass sich zumindest die Lufthansa für die Zukunft wappnet, zeigt der im Unternehmen heute noch von manchen belächelte Lufthansa Innovation Hub. Immerhin gibt es ihn. Die Abteilung Digital Innovations ist verantwortlich für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Digital Strategie mit möglichen Zukunftsszenarien und Identifizierung von digitalen Innovationen, deren Evaluierung und die Entwicklung von Prototypen.

Für die großen Visionen bei Lufthansa ist Digital-Disruptor Torsten Wingenter zuständig: “Die Zukunft des Unternehmens? Liegt langfristig vielleicht nicht mehr im klassischen Fliegen.” Wingenter ist verantwortlich für neue Produkte rund um Bots, Messenger und Sprachsteuerung: “Menschen könnten nicht nur physisch, sondern auch in der virtuellen Realität miteinander verbunden werden. Uns fehlt noch die Vorstellung, wie Fliegen in Zukunft aussehen mag. Aber es wird wesentlich digitaler.”

Lufthansa Innovation Hub (2014 in Berlin gegründet): ”Mit dem Sendungsbewusstsein eines Großkonzerns wird man hier in Berlin nicht gewinnen. Das heißt: Eigentlich muss man sein Weltmarken-Shining ablegen,” so der Geschäftsführer des LH-Innovation Hubs, Gleb Tritus. Die Einbeziehung von Unternehmen in Innovation-Labs ist aktuell die größte Hürde laut einer Studie. Die Innovations-Labore von Lufthansa, Daimler und MAN zählen danach zu den besten der in Deutschland gegründeten digitalen Einheiten großer deutscher Konzerne.

Was zunimmt, ist die Mobilität an sich; heutige Grenzen zwischen Boden- und Luftfahrzeugen werden verschwinden. Komplett neue Designs von Individualverkehr und Massentransport stehen in den Startlöchern.

Was mangels Akzeptanz Internet-Konferenzen nicht schafften, wird sich über kurz oder lang durch Virtual Reality (Brillen) durchsetzen. Auch hier kann man sich heute schon vernetzt mit anderen in Realzeit an beliebigen Orten in 3D gemeinsam aufhalten und diskutieren. Wozu dann noch der lange Flug zu einem gemeinsamen Besprechungsort?

3D-Drucker ersetzen Maintenance und Herstellung, wie wir sie heute haben. Wenn ein Drucker an jedem noch so verlassenen Flughafen steht, genügt es, die Daten für den Druckplan dorthin zu schicken und das Teil dort kann vorort mit der geeigneten Anleitung getauscht werden. Man kann auch heute schon Metall “drucken”, das ist keine Zukunftsvision mehr. In vielen heutigen Flugzeugen sind bereits gedruckte Teile verbaut.

Jeder dritte Smartphone Nutzer teilt seinen Standort mit, um ortsbezogene Dienste zu nutzen. Den Nutzer mit relevanten Informationen, Services und Angeboten zu bespielen, nutzt das Location-based Marketing.

Mit Geofencing lockt man gezielt Kunden, die auf dem Flughafen an einem Geschäft vorbeigehen, per Smartphone in den Laden, wenn man weiß, wohin sie fliegen und was sie an ihrem Zielort gut gebrauchen könnten: den Schnorchel für den Urlauber nach Mallorca oder die USB-Powerbank für den Geschäftsmann, der jeden Montag von Frankfurt nach Hamburg fliegt.

Daten sind hier das neue Geschäftsmodell. Der Flug selbst kann künftig, so zumindest Michael O’Learys (Ryanair) Vorstellung, kostenfrei sein, solange der Passagier nur genügend Daten dadurch abliefert. Heute noch große Player (Airlines, Flughäfen, Hersteller) werden in ferner Zukunft durch Datengetriebene Firmen ersetzt und die angestammten Unternehmen sind maximal noch Zulieferer. Was an Entwicklung in Zukunft geschieht, ist datengetrieben.

Die Daten dabei bestimmen – die Nutzer?

Autonomer Robot in autonomem Auto

 

Horrorvisionen? Mag sein. Nützt aber nichts. Über die Zahl statt dem XX in 20XX kann man streiten. Der Rest wird kommen.


(c) alle Illustrationen FlugundZeit.Blog, Videos die Ersteller auf youtube

Der Beitrag wurde als Präsentation auf der diesjährigen „Forschungsnetz für Verkehrspiloten“-Jahrestagung auf Schloss Niederwald im September 2017 gehalten. Als Beitrag zum Thema: „Industrie 4.0 – Ziele und Konsequenzen für die Verkehrsluftfahrt“. Siehe zur Tagung generell auch den Beitrag von Johanna Wenniger-Muhr.


Kommentare

5 Antworten zu „Die Zukunft der Luftfahrt…“

  1. 2xhinschauen

    An dem Artikel gefällt mir, dass er weit über das naheliegende Thema „Automatisierung im Cockpit und in der Flugsicherung (ATC)“ hinausgeht. Das sind aber viele Felder und entsprechend sind da mehr Fragen als Antworten. Aber mit Fragen fängt’s ja immer an 🙂

    Welche Trends man bei der Digitalisierung des (Luft-)Transportwesens für wahrscheinlich hält, hängt wohl neben der jeweils verfügbaren oder erwarteten Technologie ganz wesentlich von den Erwartungen darüber ab, ob sich die Globalisierung beschleuningt, fortsetzt, verlangsamt oder sich womöglich umkehrt (z.B. durch Nationalismus und Protektionismus). Und davon, ob man die Globalisierung überhaupt für einen Wohlstandstreiber hält.

    Tut man letzteres, dürfte der Weltluftverkehr auf absehbare Zeit (Jahrzehnte?) weiterwachsen, wenn auch unter Schwankungen, getrieben vor allem durch Tourismus und Fracht. Da werden die Prozesse digitaler, während deren eigentlicher Transport so schnell nicht ersetzbar sein wird. Man braucht also fürs erste weiterhin Flugzeuge, Flughäfen und sonstige Infrastruktur, darunter ATC.

    Was noch? Boden- und Bordpersonal? Hm. Kabinenpersonal –> Evakuierung in 90 Sekunden und so. 250 Schleudersitze sind da keine Alternative. Absprengbare Kabinendächer?

    Aber ich will auf was anderes raus. Ich wollte erstmal nur herausarbeiten, dass m.E. mehr und mehr geflogen werden wird, b.a.w. Doch damit das überhaupt geht, muss man heftig was machen im Bereich Luftraumkoordination, Slotplanung und plain-old ATC. „Machen“ heißt: Digitalisieren, automatisieren.

    Bleibt das Cockpit, gerade hier im Blog ein Minenfeld 🙂 Das Fliegen ist durch immer zuverlässigere Technik (Werkstoffe, Triebwerke, Hydraulik, Pneumatik, Elektronik…) immer sicherer geworden (relativ und absolut), und auch durch fortschreitende Cockpitautomatisierung.

    Ich hatte ja vor längerer Zeit auch schon mal hier kommentiert, dass ich automatisches/autonomes Fahren für viel komplexer und schwieriger halte als automatisches/autonomes Fliegen und das auch begründet. Und dass man technisch jetzt schon viel weiter ist, als es in der Praxis eingesetzt wird. Und dass Linienpiloten immer weniger Aviatoren sind und immer mehr Systemmanager, und immer weniger qualifiziert, in echten Krisenfällen das Kommando zu übernehmen (diese Kritik kommt ja auch von der VC).

    Die wirklich großen Fragen sind also, beim autonomen Fahren wie beim autonomen Fliegen –

    was passiert bei Systemversagen, also wenn es so aussieht, als ob menschliches Eingreifen nötig ist? Bei der Antwort bitte berücksichten, dass Anhalten auch am Boden nicht immer die richtige Strategie ist.
    wie kriegt man es hin, ohne „Fernsteuerung“ auszukommen?

    Die zweite Frage mag seltsam klingen, aber auch ein 100% autonomes Flugzeug (tanken, anlassen, zurücksetzen und so) kann sich seinen Flugplan nicht selbst ausdenken (den Opsflugplan irgendwann vielleicht ja, aber die Offblockszeit nicht).

    Und jede Art externer Beeinflussbarkeit (Fernsteuerung), vom Saisonflugplan bis zum GPS-Signal, ist ein Albtraum in Sachen Safety und Security, egal wie „sicher“ man das gestaltet: Den Wettbewerb zwischen Schlossern und Einbrechern gewinnen auf Dauer die Einbrecher. Immer.

    Und deshalb wird es, und da habe ich meine Meinung inzwischen geändert, auf absehbare Zeit qualifiziertes Personal im Cockpit von großen Airlinern geben. Solange die sozusagen das geringere Risiko sind. Wie auch immer deren Jobbeschreibung dann irgendwann aussieht: Den Hobel unter möglichst allen Umständen halbwegs sicher landen zu können wird dazugehören, solange die da sind.

    1. Auf „absehbare“ Zeit, wie immer man absehbar definiert, stimme ich Dir voll zu. Mein gedankliches Anliegen ist – wie immer 🙂 – das Weiterdenken.
      Und wenn man mal an die Bedenken bei der Umstellung von Pferdekutschen auf Autos (…wenn man schneller als x km/h fährt stirbt der menschliche Körper…) aus heutiger Sicht zurückblickt (Tankstellennetz?), findet sich für alles eine Lösung. Die Frage ist nur, wann. Nicht ob.

  2. Flugkapitän

    @2xHinschauen
    Ich stimme Dir zu, dass es jemanden an Bord, also so zu sagen „ vor Ort“ noch lange geben wird.
    Auch das Raumschiff Enterprise kann ganz alleine von a nach b fliegen. Trotzdem hat es eine Crew. Nicht zum fliegen, sonder zum entscheiden. Es gibt immer irgendwas, dass z.B. während der Bodenabfertigung nicht so läuft, wie geplant. Auch ein noch so autonomes Flugzeug wird vermutlich nicht die Entscheidung treffen, aufgrund von Versorgungsproblemen mit Treibstoff, erstmal mit dem Resttreibstoff loszufliegen und unterwegs nachzutanken.
    Und wenn diese Entscheider schon an Bord sind, dann sollten sie auch in der Lage sein, den Hobel (der Ausdruck gefällt mir; jeder Airline Pilot nennt sein Arbeitsgerät so; und das ist nicht abwertend gemeint; es beschreibt halt lediglich den Umstand, dass das Flugzeug ein Arbeitsgerät ist) zu landen. Dies wird halt immer schwieriger, wenn es die Ausnahme, anstatt die Norm ist. Vor allem, wenn es sich dabei dann auch noch um ein Abnormal handelt, bei dem das Flugzeug von der Steuerung her eingeschränkt ist. Da kann man die Proficiency dann nur mit viel (Simulator-) Training aufrecht erhalten. Was entsprechend teuer ist. Ansonsten muss man sich damit abfinden, dass nicht alle Szenarien mit einem glücklichen Ausgang enden. Auch das autonome Auto und sein Fahrer, der im letzten Moment eingreifen will, kann nicht jeden Unfall verhindern – schon gar nicht, wenn der Fahrer nicht mehr proficient ist.
    Die Anforderungen an die künftigen Piloten werden sich also ändern. Wobei die Basic Flying Skills unter abnormen Bedingungen stärker denn je benötigt werden.

    PS.: Es ist immer wieder erhebend, einem professionellen Piloten dabei zuzusehen, wie er auf die roten Ausschaltknöpfe drückt, einfach gezielt Pitch und Power setzt und sich das Chaos schlagartig beruhigt. Dabei trennte sich schon immer – aber heute eben ganz besonders – die Spreu vom Weizen!

  3. 2xhinschauen

    Nur Zuspruch? Nasowas 🙂

    @Helga – na klar doch, „absehbar“ & Co war absichtlich schwammig formuliert. Ich kann ja nicht mal die Lottozahlen vom nächsten Wochenende richtig vorhersagen.

    @Flugkapitän
    Ebenfalls danke. „Hobel“ habe ich von der Quelle, nicht selbst Flieger, aber lange genug nah genug dran. Man sagt zu dem technischen Gerät, mit dem man es gerade zu tun hat, ja meist noch ganz andere Dinge. Zärtlicher als „Hobel“ geht es da doch kaum 🙂

    Zum autonomen Fahren – nach einiger Selbstprüfung kann ich mir inzwischen gut vorstellen, in einem Selbstfahrer (huch … ist das nicht ohnehin deutsch für „Automobil“??) mitzureisen, sobald die Dinger safe und secure genug sind und die Haftungsfragen klar sind (die Hersteller müssen haften!). Aber nur in einer geschlossenen Kabine oder maximal mit Blick nach hinten und schräg hinten. Klar was ich meine?

    Nach jetziger Rechtslage nichts zu tun, aber ständig zum Eingreifen bereit sein zu müssen, wäre wohl die Hölle und außerdem bringt doch kein normaler Mensch dauerhaft die Konzentration dafür auf

    Irgendwo im letzten Satz muss aber eine Ironie versteckt sein, denn Linienpiloten machen während des Streckenflugs doch hauptsächlich genau das. Irgendwie a-human oder?

    Und da ist wieder das Argument mit dem „nicht-anhalten-können“. Autofahrer lernen fahren und kaum je was über die Fahrzeugbeherrschung in Extremsituationen (etwa wenn der Tacho ausfällt). Verkehrspiloten verbringen einen wesentlichen Teil ihrer Ausbildung und ihrer Rezertifizierungen damit, Dinge blind und unter Sauerstoffmaske einzupauken, die nie passieren, während sie im Alltag heutzutage wirklich wenig mehr als Sysadmins sind (sorry). Komischer Beruf irgendwie. Lernen, was nie passiert, ohne eine Chance zu haben, angesichts der Technisierung den Grundzustand zu verstehen.

    Die damit immer verbundene wirtschaftliche Frage ist natürlich, wie hoch Gehälter und Privilegiensysteme sein müssen, um diese und andere Hardships dieses Berufs angemessen zu kompensieren. Es zwingt die ja niemand ins Cockpit.

    Und dann kam neulich noch die (berechtigte?) Kritik der VC an der Lufthansa-Pilotenausbildung, dass sie zu sehr am Adminjob orientiert sei und zuwenig auf das fokussiert, was im Falle seltsamer oder multipler Systemausfälle zu geschehen hat. Also zu einem gewissen Grad an dem vorbei, was ohnehin immer schon der Schwerpunkt war, wenn man das Gebiet der Schönwetterfliegerei verlässt. Selten, dass ich die Bedenken der VC mal teile 😉

    Es werden nach meiner Einschätzung im übrigen auch auf längere Sicht entweder zwei oder null Menschen im Cockpit sitzen. Einer allein ist einfach zu unsicher (ist keine Anspielung auf 4U)

    Ansonsten muss man sich damit abfinden, dass nicht alle Szenarien mit einem glücklichen Ausgang enden

    Muss man doch sowieso. In der wahren Welt ist Sicherheit nie was Absolutes, sondern immer nur eine Minimierungs- und eine Abwägungsaufgabe, strategisch wie akut in einer Situation.
    .

  4. 2xhinschauen

    Nachtrag

    Es ist immer wieder erhebend…

    In jungen Jahren hatte ich Gelegenheit, eine Trainingsschicht im LH-707-Simulator zu verbringen. Der Chef, der wegen Herzklabaster selbst nicht mehr fliegen durfte, hatte extra gesagt, ich soll eine halbe Stunde vorher da sein, wenn er sich warmfliegt (o.s.ä.) Keine Checklisten, kein lästiges ATC-Geplapper, „wir warten nicht, wir starten“ und „Piloten ist nichts verboten“. Der flog dann ein paar irre Manöver, sowas wie Take-Off gleich in den Stall, oder sagte mir während eines Take-Off-Runs, „zieh mal eben irgendeinen Gashebel runter“ oder im Anflug bei Nebel: „Siehst Du den Zettel da und das Tesa? Kleb mir mal die Anzeige da zu“ (die ILS-Balken). Er konnte ja nicht nach hinten, um das am Trainerpanel selbst abzuschalten. Ich denke, das ist es, wovon hier immer die Rede ist: Selber fliegen. Kommt nur im Alltag eben praktisch nicht mehr vor, jedenfalls nicht auf den Böcken, die man Hobel nennt :-)))

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

Blog per E-Mail folgen

Gib deine E-Mail-Adresse ein, um per E-Mail Benachrichtigungen über neue Beiträge zu erhalten.
Blogbeiträge werden in unregelmäßigen Abständen veröffentlicht.

Entdecke mehr von FlugundZeit

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen