Dan Brown und die Bestseller Formel (Buchmesse 2017-3)

Das waren nur die sozusagen ersten beiden „Reihen“ der Pressekonferenz.

Bestseller Autor Dan Brown stellte heute seinen fünften Langdon-Thriller namens Origin vor. Und das auf der Frankfurter Buchmesse und die Buchvorstellung galt gleichzeitig für alle Übersetzungen weltweit. Dementsprechend international, überfüllt und unorganisiert war die PK. USA, China, Rumänien, Abu Dhabi, Russland, Italien, Tschechien – jeder Kollege, egal aus welchem Land, bedrängte den Autor, doch bitte im nächsten Roman endlich auch sein Heimatland zu integrieren.

Der sonst eher zurückgezogen lebende Autor spielt im neuen Roman in bewährter Manier mit Wissenschaft und Religion, Kunst und geheimnisvollen Codes. Spannung pur.

In Origin geht es um nichts weniger als die Frage: Macht ein Gott, welcher auch immer, in der heutigen Zeit noch Sinn oder hat er sich überholt? Wissenschaft versus Religion. Will God survive science? Die Thematik hatten wir in FlugundZeit 2015 in einem Weihnachtsbuchtipp  diskutiert.

„Wir müssen genau hinsehen, an was wir glauben, warum wir es glauben und alles hinterfragen in Zeiten der Fake News“, meint Brown. „Die Rolle der Religion als einziger Moralgeber hat sich komplett verändert über die Zeit.“

Wie man einen Bestseller (generell) verfasst, weiß er nach eigenen Worten nicht. Dafür erzählt Brown frank und frei, wie er seine Bücher schreibt – nämlich genauso, wie er Bücher gerne lesen will: Sie müssen Spaß machen zu lesen und spannend geschrieben sein. Trotz der fiktiven Handlung behandeln alle seine Bücher real relevante Themen. Egal, ob das nun den Kritikern gefällt, zu seicht ist oder sie jubeln. Die Leser jedenfalls verschlingen seine Bücher – es sind Page Turner, die man, einmal begonnen, erst wieder weglegen kann, wenn der Roman zu Ende ist. Zumindest für ihn dürfte seine Besteller-Formel also stimmen.

„Robert Langdon ist der Mann, der ich gerne wäre – er ist schlauer, mutiger und abenteuerlustiger als ich“, so der Autor. Auf den Kommentar: Da er ja wohl alles für Langdon erfindet, schreibt, könne das wohl nicht zutreffen, meint er unaffektiert: „Wenn Langdon in einer Szene zwei Sekunden lang einen klugen und witzigen Dialog führt, so habe ich drei Tage daran gesessen.“

Bei jedem neuen Fall für Harvard-Professor Robert Langdon liest Brown zunächst mal ein halbes Jahr, alles was ihm zum Thema an fachlicher Literatur unterkommt, also etwa zu AI, zum Land, in dem der Roman spielt, oder über die Historie. Die nächsten sechs Monate befragt er dann Wissenschaftler und Experten aus den Themenbereichen und interviewt sie zu seiner potentiellen Geschichte. So habe er etwa beim dritten Besuch in der Sagrada Familia eine düstere Wendeltreppe entdeckt, bei der ihm sofort klar war, dass darauf jemand sterben musste. Also wurde der Plot daraufhin umgeändert. Für den Mord auf der Stiege.

Den Weg zum Bestseller suchen Dr. Ralf Winkler und Gesa Schöning auf ganz andere Weise: Der Informatiker und die Managerin wollen Lektoren in Verlagen helfen, den nächsten Bestseller schneller zu finden. Das Interesse der Buchbranche ist groß. Zu viele (unaufgefordert) eingesandte Manuskripte schaffen es nicht einmal auf den Schreibtisch des Lektors. Ihr Schicksal ist die runde Tonne. Selbst Harry Potter fristete lange Zeit ein Leben auf dem Manuskriptstapel bis er endlich öffentlich zaubern durfte.

Winkler und Schöning fragten sich: Was macht das Geheimnis aus, einen Bestsellererfolg zu landen? 2015 untersuchten diese Frage bereits Wissenschafter der University of Stanford mittels maschinellem Lernen und Big Data-gestützter Analyse von zehntausender Romanwerken. Sie fanden heraus, dass bestimmte Textmerkmale durch ihr ausgeklügeltes Zusammenspiel das Zeug dazu haben, die Herzen der Leser zu gewinnen. Vergleichbare mathematische Methoden nutzen auch die beiden, um den geheimen Code sichtbar zu machen. Die Bestseller-DNA erlaube damit objektive und datengestützte Einblicke in das, was – frei nach Goethe – einen Bestseller „im Innersten zusammenhält“.

Dabei wird ein vorhandener Text automatisiert und elektronisch in seine Bausteine und Wesensmerkmale zerlegt: Nach einem Upload in die Cloud extrahiert ein Algorithmus in nahezu Echtzeit die Wesensmerkmale des Textes und stellt diese übersichtlich graphisch dar. Aus den so gewonnenen literarischen Charakteristika wie etwa Thematik, Sentiment, handelnde Personen und Entitäten errechnet der Algorithmus abschließend einen Bestseller-Score. Dieser trifft eine Aussage darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit das vorliegende Werk auf die Bestsellerlisten kommen wird oder auch nicht.

Und wenn es trotzdem bis zum eigenen Bestseller noch etwas dauert – auch dann ist ein Autor heute nicht mehr auf die Gunst der Verlage angewiesen. Anstatt als Möchtegern-Autor sinnlos Geld in Selbstkostenverlage zu pumpen, damit die gnädigerweise ein Manuskript gegen Vorauszahlung (!) abdrucken und vermarkten (das habe ich nie nachvollziehen können), lässt man einfach die potentiellen Leser im Voraus bezahlen. Per Crowdfunding gezielt für Bücher und Autoren: Crowdbooks nennt sich die Plattform.

(c) Crowdbooks

Laut Geschäftsführer Stefano Bianchi hat die Plattform eine 83prozentige Erfolgsrate, 20 Bücher wurden seit der Gründung vor rund einem Jahr bereits gefunded, also bezahlt und dann publiziert.

In dreißig Tagen im Voraus die Auflage komplett bezahlt – da kann kein angestammter Verlag mithalten. Und der Autor erhält endlich die Vergütung, die ihm zusteht. Ohne wenn und aber.


Noch ein kleines Bonmot zum Autor Dan Brown und seinem Buch Origin:

Auf die notorische Frage, warum Langdon denn nicht endlich auf der letzten Buchseite mit einer seiner Partnerinnen ein glückliches und erfülltes Leben führen würde, meinte Brown: „Meine Romane spielen üblicherweise in einem Zeitrahmen von 24 Stunden. Und wer findet da schon die Partnerin fürs Leben?