Bauchlandung

Es ist immer einfach, wenn man am sicheren Boden ist, die Aktionen eines anderen Piloten in der Luft zu kommentieren und dabei natürlich das Problem selber anders und viel besser zu lösen. So nach dem Cartoon, bei dem ein stark übergewichtiger Mensch am Sofa lümmelt, während im TV die total erschöpften Finisher eines Marathons gezeigt werden. Dazu sein Kommentar: „Ich würde ja den Endspurt wesentlich früher ansetzen…“

Wenn man aber aus den Fehlern anderer lernen kann, dann hilft es vielleicht, sich in Ruhe am Boden zu überlegen, was man tatsächlich im Falle des Falles tun würde.

Anlass ist eine Gear-up Landung, die diese Woche in US-Luftfahrtkreisen gut diskutiert wird. Was macht man, wenn man weiß, dass es nicht nur die Anzeige ist, die das Fahrwerk eingefahren anzeigt, sondern sich dieses vor der Landung tatsächlich nicht ausfahren lässt?

Beton/Asphalt-Bahn oder doch lieber Gras?

Naheliegend wäre Gras. Hat eine weichere Anmutung für die voraussichtlich harte Landung. Die Erfahrung zeigt aber, dass bei Problemen mit dem Fahrwerk (nicht draußen oder schlimmer noch, teilweise ausgefahren) der Überschlag im Gras ziemlich sicher ist. Also doch lieber die harte Variante.

Schaumteppich auf der Bahn?

Bei einer Notlandung diese Woche in San Jose, Kalifornien, bittet der Pilot einer Piper Malibu vor der Landung um einen Schaumteppich. Er erhält ihn auch, landet aber nicht darauf. Der Schaumteppich soll ein Feuer durch die harsche Reibung auf dem Asphalt oder Beton verhindern.

Auch hier zeigt die Erfahrung (es gibt immer schon wen, der eine Sachlage unfreiwillig ausprobiert hat), dass es ohne Schaumteppich besser ist. Die Feuerwehr sollte allerdings parat stehen (was sie vermutlich auch tut), um den Schaum sofort nach der Landung zu versprühen.

Hoher Anstellwinkel (Stall) oder flache Landung?

Landung bei Strömungsabriß wäre die langsamste Variante des Aufsetzens. Sieht im ersten Moment als Lösung logisch aus.

Die Erfahrung und der zweite Gedanke zeigen allerdings, dass eine flache Bauchlandung, also flach mit möglichst wenig Schmackes die Bahn entlang rattern, weniger Schaden am Flugzeug anrichtet.

Anschaulich hat dies alles Paul Bertorelli in diesem Video erläutert. (Link führt zu YouTube)


Kommentare

Eine Antwort zu „Bauchlandung“

  1. 2xhinschauen

    Ein wunderbar kurzes Lehrbuchbeispiel für den nötigen Alltagsskeptizismus, wenn einem vordergründig plausible oder allzu einfache „Gewissheiten“ begegnen und man eigentlich immer fragen müsste: Stimmt das denn überhaupt?

    Aufschlussreiches Video. Insbesondere die dritte Landung hat ja, trotz der Gefährlichkeit der Situation, etwas sehr Ästhetisches, wie der Pilot sein langsamer werdendes Flugzeug bis zum wirklich allerletzten Moment auf „1 Fuß“ hält, bevor es sich sanft auf den Asphalt setzt. „Gracefully“, wie man auf Englisch wohl sagen würde.

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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