Privates Fliegen in Coronazeiten

Man könnte argumentieren, dass in Zeiten der Krise auf das Ausbilden von Schülern im Cockpit kleiner Flugzeuge verzichtet werden kann, um dem großen Ganzen zu dienen. Dabei lässt man jedoch außer acht, dass jeder Pilot der allgemeinen Luftfahrt mindestens alle zwei Jahre einen Übungsflug machen muss, um sein Rating aufrecht zu erhalten.

Das erkannte das Luftfahrt Bundesamt und formulierte Regeln, die zumindest die meisten Berechtigungen pauschal für weitere vier Monate gültig halten, wenn sie zurzeit ablaufen würden.

Dabei wird allerdings vernachlässigt, dass es der allgemeinen Sicherheit dient, wenn ein zweiter Pilot in der ersten Reihe sitzt – bei all denen, die auch in Vor-Coronazeiten nicht ausreichend oft für ihre Proficiency geflogen sind.

Die Auswirkungen des sozialen Distanzierens auf das Fliegen kleiner Flugzeuge in Deutschland

Zunächst begannen die Einschränkungen in der allgemeinen Luftfahrt damit, dass die Ausbildung in kleinen Flugzeugen untersagt wurde. Begründung: Zwischen Lehrer und Schüler bleiben keine 2 Meter Abstand.

Kling logisch, ist aber inkonsistent dazu, dass im normalen Arbeitsalltag in Firmen zwei Menschen sehr wohl mit weniger als zwei Meter Abstand zueinander arbeiten dürfen. Einen Flugschüler auszubilden ist für den Lehrer Arbeit und kein Zeitvertreib.

Außerdem dürften Lehrer und Schüler gemeinsam durch die Stadt gehen ohne die zwei Meter Abstand einzuhalten, da es ja nur zwei Personen sind. (Über die Gruppen an Jugendlichen, die nachts um 2 Uhr oder abends um 11 durch die Stadt ziehen und benutzte Taschentücher in die Vorgärten der Häuser werfen, regt sich keiner auf oder unterbindet es.)

Gemeinsam im Cockpit fliegen, dürfen Schüler und Lehrer aber nicht. Verstehe das wer will. Auch Kapitän und Copilot in einem Verkehrsflugzeug dürfen zusammen im Cockpit arbeiten — auf den wenigen Flügen, die es noch gibt.

Was ist noch erlaubt? Spezialfall Bayern…

Als Pilot alleine im Luftfahrzeug zu fliegen oder nur mit Angehörigen bleibt in den meisten Bundesländern weiterhin legal. Man darf als Familie ja auch zusammen im Auto fahren. Überall in Gallien? Nein, in einer kleinen Enklave, in Bayern, ist auch das untersagt. In ganz Bayern darf man zwar an die frische Luft, aber man darf dabei keine unnötigen Wege zurücklegen.

Bei unnötigen Wegen, die andere Mitmenschen gefährden können, macht das absolut Sinn. Doch die Bayern zählen auch Autofahren oder Spritztouren mit dem Motorrad dazu. Deshalb darf auch keiner einfach so mit einem kleinen Flugzeug fliegen in Bayern. Man kann dabei zwar niemanden anstecken, aber Logik gilt hier wohl nicht. Denn Geschäftsreisen in kleinen Flugzeugen sind weiterhin erlaubt, sogar mit Arbeitskollegen!

Wie sieht das in anderen Bundesländern aus?

Auch an einigen Flugplätzen außerhalb von Bayern treibt es „Stilblüten“.
So gibt es Plätze, die jetzt nur noch nach vorheriger Genehmigung: PPR (Prior Permission Required) mit 24 Stunden Vorlauf der Erlaubnis angeflogen werden dürfen. Diese Genehmigungen sind zudem nicht einfach zu erlangen, da man pro Stunde nur 3 — in Worten: drei — Flugbewegungen pro Platz zulässt, damit sich die einzelnen Piloten auf den großen Flugplatz Arealen im Freien oder getrennt durch ihr Flugzeug in der Luft nicht gegenseitig anstecken können.

Schon länger gibt es Apps, über die man nach der Landung bezahlen kann. Man braucht also keine persönlichen Kontakt mit einem Menschen. An den größeren Heimatflugplätzen der Piloten wird meist sowieso abgebucht.

Social Distancing bei Corona ist sinnvoll.

Wenn man aber per se keinen anderen Menschen trifft, oder dies zumindest weiträumig vermeiden kann, ist eine Einschränkung wie PPR absolut überflüssig. Zudem sind Flugplätze eine öffentliche Infrastruktur, die offen zu sein hat. Genauso wie Bahnhöfe.

Die Ansteckungsgefahr bei den populären öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim angesagten Car Sharing dürfte weit darüber liegen als das, was einzelne Piloten auf einem weiträumigen Gelände vorfinden – Flugzeuge stehen immer mindestens mehrere Meter von einander entfernt (kleiner Hinweis: Flügelspannweite).

Vorschriften sollte man nur dann erlassen dürfen, wenn man auch Ahnung von der Materie und den Bedingungen hat, für die sie gelten.

All diese Maßnahmen schränken nur die Freiheitsrechte unnötig ein. Auf die Ausbreitung von Viren haben sie keinen Einfluss!

Diese Maßnahmen verringern die Sicherheit das Luftverkehrs in Nach-Corona-Zeiten.

Vorgeschriebene Übungsflüge und die dauerhafte Aufrechterhaltung des „In Übung sein“ (Proficiency) – etwa mindestens 3 Starts und Landungen innerhalb der letzten 90 Tage, um Personen mitnehmen zu dürfen – haben ja auch weiterhin ihren Sinn. Der Federstrich der Behörde, der nun entgegen der jahrzehntelangen Erfahrung alle Gültigkeit um vier Monate verlängert, kombiniert mit dem quasi Verbot der In-Übung-Haltung beeinträchtigt die Sicherheit massiv, wenn es wieder los geht.

Weiterdenken. Hirn einschalten. Dann erst Regelungen veranlassen.


Alle Fotos: (c) flugundzeit.

Und ja, ich hätte auch noch genügend Luftaufnahmen, um diesen Beitrag zu bebildern.


Kommentare

4 Antworten zu „Privates Fliegen in Coronazeiten“

  1. Als Hobby und ehemaliger Berufspilot
    sehe ich sehr wohl einen Sinn.
    In der kürze der Zeit ist es müßig über
    einzelne Hobbys zu diskutieren , es gibt
    Wichtigeres!
    Wer soll bitte die Person im Notfall retten?Wieso muß man sich in dieser
    Zeit über so einen Unsinn unterhalten
    und schreiben!!
    Toilettenpapier lässt Grüßen!

    1. Einen Sinn in was?
      Im Leben? Ja! Im Fliegen? Ja!

      Im Toilettenpapier? Das kam bisher auf flugundzeit nicht vor und hat hier als Diskussion auch nichts verloren…

      Wer soll bitte die Person im Notfall retten?

      Die gleichen, die auch weiterhin alle Menschen bei Autounfällen retten. Denn mit dem Auto gefahren wird ja wohl weiterhin. Und wenn ich so lineares Radio höre, gibt es auch weiterhin genügend Unfälle auf den Straßen.

      Die Relation in der Wahrscheinlichkeit stimmt hier einfach nicht. Ich habe in meinem langjährigen Fliegerleben mehrere (unverschuldete) Autounfälle erlebt, selbst aber keinen einzigen Flugunfall.
      Bitte am Teppich bleiben.

      Und wie im Beitrag ausführlich beschrieben, steigt die Wahrscheinlichkeit von Flugunfällen oder -Vorfällen, je weniger Übung die Piloten haben. Das kommt noch dazu nach der nun künstlich verlängerten Winterpause vieler Piloten.

      D’acord: Unsinn schreiben hat auf flugundzeit keinen Platz. Und: Ohne ernsthafte Argumente überhebliche Wortbrocken hinzuwerfen geht auch nicht. Bitte ganz schnell weitersurfen!

  2. Ein richtiger Pilot

    Das Fliegen von kleinen Flugzeugen generell einzuschränken macht nicht den geringsten Sinn solange dabei das Kontaktverbot eingehalten wird.
    Kein Pilot braucht persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter am Flugplatz. Auch unter den Piloten findet in der Regel kein Kontakt statt, wenn man das will. Was ich in dieser Zeit unter vernünftigen Menschen als gegeben annehmen kann.

    Dieses Ziel erreichen Plätze wie Mannheim und Speyer ohne den ohnehin geringer gewordenen Verkehr mit PPR einzuschränken.

    Das Einschränken der Öffnungszeiten und meinetwegen PPR an den Tagesrandzeiten (welches dann aber auch problemlos zu bekommen sein muss) macht Sinn, wenn man dadurch die Betriebskosten senken kann. Mit PPR aber die Anzahl der Menschen auf einem Flugplatz, also auf einem riesigen Areal, zu beschränken, macht dagegen nun wirklich keinen Sinn und provoziert nur leidige Diskussionen.

    Denn immer dort, wo Logik nicht erkennbar ist, wird die Sinnhaftigkeit hinterfragt werden. Gerade wenn Grundrechte (Zugriff auf persönliches Eigentum (Flugzeuge), Aussetzen der Betriebspflicht usw.) der Betroffenen dadurch eingeschränkt werden, ohne das dadurch der Allgemeinheit in irgend einer Weise gedient wird.

    Solcher Widerspruch ist in einer Demokratie und in sicherheitskritischen Bereichen (wie z.B. der Luftfahrt) extrem wichtig! Und muss zu Anpassungen von Fehlentwicklungen führen!
    Wir sollten nicht unnötig ganze Industriezweige zusätzlich kaputt hauen. Industriezweige, die wir nachher wieder brauchen werden.

    Es mag ja nicht jedem klar sein, aber es ist die allgemeine Luftfahrt die in normalen Zeiten die Verunglückten rettet. Es sind die Flugzeuge der allgemeinen Luftfahrt, die spontan Patient und Organ zueinander fliegen um Transplantationen schnell zu ermöglichen.

    Dass einige dieser Menschen jetzt zum Sterben verdonnert werden, um tausende von Intensivbetten in Reserve zu halten, gehört vermutlich nicht in diesen Blog.

    Doch damit diesen Menschen wenigstens „nachher“ wieder geholfen werden darf, brauchen wir eine funktionierende allgemeine Luftfahrt.

    Das braucht nicht jeder zu verstehen. Ich sag es mal mit den Worten eines großen deutschen Philosophen: „Wenn Du keine Ahnung hast, dann einfach mal die Klappe halten!“

    Auf das die Vernunft zurückkehren möge!
    Ein richtiger Pilot

    1. 🙂 Danke für die Ausführungen.

      Die eigene Bezeichnung „Richtiger Pilot“ sehe ich hart an der Grenze, auch wenn es zutreffen sollte… 😉

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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