BSF22-3: Batterie oder Wasserstoff?

Das gestrippte Chassis ist bereit fürs Studium am Elektroantrieb. (c) FuZ

Wie sieht der Antrieb der Zukunft aus?

Das ist die Frage für künftige Verkehrsmittel. Dr. Rupert Gammon von der De Montfort University sieht es so: „Die Industrie präferiert derzeit, auch weil sie dabei von der Politik unterstützt wirdt, den Batterie-elektrischen Antrieb. Der wird sich aber auch auf lange Zeit nicht für längere Strecken und größere Fahrzeuge wie LKW oder Busse durchsetzen.“ Man braucht einfach zu viel Lithium für die Batterien, wenn wirklich alle damit ausgestattet sein sollen. Das Lithium-Vorkommen ist endlich auf der Erde, Wasserstoff hingegen eine unbegrenzte Ressource. Dazu kommt das Gewichtsproblem bei den Elektrobatterien, ganz speziell für die Luftfahrt.

Die De Montfort University entwickelt innovative Systeme für Batterie-elektrisch und Wasserstoff-betriebene Fahrzeuge, sowie nachhaltige „Mobilität als Dienstleistung“ (MaaS). So entstand für Afrika als Pilotprojekt der erste solarbetriebene elektrische Taxidienst, 2017 in Ghana.

Dr. Rupert Gammon und der Wasserstoff-Anhänger

(c) FuZ

Forschungsthemen an der DMU bei wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen sind die Herstellung von „grünem Wasserstoff“ (aus der Elektrolyse von Wasser) und der Einsatz von Brennstoffzellen, um die Reichweite von Elektrofahrzeugen zu erhöhen und die Betankungszeiten zu verkürzen. Dies bringt Potenzial für größere Fahrzeuge, die längere Strecken zurücklegen und schwerere Nutzlasten transportieren, wie etwa Lastwagen, Busse und Flugzeuge.

Die Powerbank auf Rädern

Das Problem des Mitschleppen großer Batterien – wenn man sie nicht braucht – lösen die Forschenden so: Für kurze Strecken kann man im Hauptfahrzeug mit einer kleinen Batterie elektrisch oder auch mit einem kleinen Wasserstofftank fahren. Das betrifft die überwiegenden Fahrten bei einem Großteil der Autofahrer. Geht es aber auf eine längere Reise, dann: Man staune, hat Gammon den Anhänger parat –ein kleines Wägelchen, auf dem umweltfreundlich der zusätzliche Energiespeicher mit Wasserstoff und Brennstoffzelle oder (notfalls) einer konventionellen Batterie für die Überlandstrecke enthalten ist.

Die meisten Fahrten sind kurz und liegen damit prima in der Reichweite heutiger Elektrofahrzeuge (ohne Nachladen). Für die gelegentliche längere Reise hilft dann der Range Extender als Powerbank auf Rädern.


Gammons Studenten dürfen jedenfalls an dem ausgeschlachteten Chassis eines konventionellen Autos werkeln und sich alles Praktische für den späteren Einsatz in der Industrie aneignen. Die Studenten lieben die Abwechslung vom Bücher-/Onlinestudium und die Industrie wählt gerne unter den Absolventen aus.

„Wir haben bereits alle Technologie, um die Zukunft umweltfreundlich zu gestalten,“ sagt Gammon. „Wir müssen sie nur einsetzen.“


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Kommentare

Eine Antwort zu „BSF22-3: Batterie oder Wasserstoff?“

  1. Mich wundert, dass zwar Lithium erwähnt, jedoch das Hauptproblem der batterieelektrischen Antriebe wieder einmal ignoriert wird: es steht bei weitem nicht genug ethisch akzeptables Kobalt (Co) zur Verfügung, welches für die leistungsstärksten Akkus unverzichtbar und, allen bisherigen Bemühungen zum Trotz, nicht ersetzbar ist. Selbst Elon Musk hat aufgegeben, nachdem er zuvor lauthals öffentlich geschworen hatte, Co aus den Akkus heraus zu entwicklen („to engineer out“) und sehr viel Geld in diesen Versuch gesteckt hatte. Er hat voriges Jahr das Handtuch geworfen und – diesmal klammheimlich – einen langfristigen Co Liefervertrag mit Glencore abgeschlossen; und zwar für das Volumen der gesamten Tesla Produktion.
    Während Lithium weltweit vorkommt (wenn auch derzeit überwiegend aus Chile geliefert), kommt Co zu zwei Dritteln aus dem Kongo (DRC), wo es unter völlig inakzeptablen Bedingungen abgebaut wird, 20-30 % sogar mittels Sklaven- und Kinderarbeit („Artisanal Mining“). Da auch zwei Drittel der bekannten Vorkommen dort liegen, wird sich das nicht ändern. Die Gründe dafür, dass sich diese Umstände dort nicht ändern sind vielfältig (Regierung, Rebellenmilizen, Stammesfehden, …) führen weit ins politische Feld und sollen hier nicht erörtert werden, da Politik in diesem Blog zu Recht aussen vor bleiben soll.
    Dazu kommen extreme Umweltbelastung durch hunderttausende Tonnen Schwefelsäure, die bei der Weiterverarbeitung der Erze verwendet und die mitten im kongolesischen Urwald ganz sicher nicht ordnungsgemäß entsorgt oder gar recyclet werden.
    Batteriebetriebene Elektroantriebe sind daher keineswegs umweltfreundlich, auch dann nicht, wenn sie tatsächlich ausschliesslich mit „grünem“ Strom geladen würden – was jedoch nicht einmal der Fall ist.
    Die Umweltschäden sind da und sie sind enorm, sie werden lediglich dahin verlagert, wo Herr und Frau Gutmensch sie nicht sehen müssen. Der Kauf eines Elektroautos ist deshalb bezüglich Menschenrechten und Umweltschutz die mit Abstand grösste Schweinerei, die ein einzelner Mensch mit einer einzelnen Handlung begehen kann!
    Sollte das Lieferkettengesetz tatsächlich kommen UND (!) umgesetzt werden, müsste mit Elektroautos – und natürlich auch mit Elektroflugzeugen – eigentlich sofort Schluss sein, denn die weltweit verfügbare Menge an ethisch erzeugtem Co reicht nicht einmal für den deutschen Fahrzeugbedarf. Konsequenterweise müsste dann sofort ein Importverbot für Kobalt, die meisten Li-Ion-Akkus und batterieelektrische Fahrzeuge erfolgen.
    Batterieelektrischer Antrieb für Flugzeuge ist deshalb so sinnlos und umweltschädlich wie er es für Autos ist, da sollte keine müde Mark mehr investiert werden. Nicht die Alternative, sondern die einzige (derzeit vorhandene) wirklich umweltfreundliche und ethisch einwandfreie Lösung ist die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle! Tiefkalt verflüssigter Wasserstoff ist – im Gegensatz zu Strom – sehr gut lagerbar und er kann offline erzeugt werden, wenn der Strom aus Erneuerbaren gerade reichlich verfügbar ist, jedoch nicht benötigt wird. Zudem könnte die gesamte in der EU benötigte Menge problemlos in den südlichen EU Ländern erzeugt werden, was diesen eine wirtschaftliche Perspektive gäbe und die EU energetisch autark machen würde – bei Null Emissionen!

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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