BSF22-7 Leicester und der Weltraum

Dr. Sarah Casewell (School of Physics & Astronomy) und Professor Richard Ambrosi, Executive Director Space Park Leicester.

Im Weltraum kommt man alleine nicht weit, nicht einmal als Nation. Das gilt auch für die Forschung. Und so erstaunt es immer wieder, wenn die NASA in den USA über ihre bahnbrechenden Entdeckungen spricht, die ESA (hält sich da meist eher vornehm zurück), oder einzelne Länder alle Forschung und Entdeckung für sich reklamieren. Am derzeit viel diskutierten James Webb Teleskop sind weltweit 309 Partner beteiligt…

Nur die europäischen Partner beim James Webb Teleskop. (c) ESA

Auch die Briten in Leicester sind stolz auf ihren Beitrag zum derzeit größten und leistungsfähigsten Teleskop, das jemals ins All gestartet ist. Das Weltraumforschungszentrum der Universität Leicester (School of Physics and Astronomy) übernahm die Leitung des Maschinenbaus für das Mid-Infrared Instrument (MIRI), war für den Entwurf und die Bereitstellung der MIRI-Primärstruktur verantwortlich (in Zusammenarbeit mit dem Danish National Space Centre) und unterstützte bei den MIRI-Test- und Kalibrierungsaktivitäten. MIRI wurde gemeinsam von Europa und den USA entwickelt.

Das MIRI Spectrometer (c) Space Park Leicester

Casewell und Ambrosi gaben einen Überblick für die Zukunft der britischen Raumfahrtindustrie. Sie berichten über zukünftige Missionen, an denen das Vereinigte Königreich beteiligt sein wird, und zeigten bahnbrechende Entdeckungen und neue Technologien auf: Vom James-Webb-Weltraumteleskop über BepiColombo und Ariel bis hin zu ExoMars mit seinem aufregenden Plan, Proben vom Roten Planeten zurückzubringen. 

Die Kombination von Wissenschaft und Industrie

Der Space Park Leicester.

Großbritannien, hier im speziellen Leicester, investiert clever in die Zukunft. So wurde im Frühjahr 2022 der Space Park Leicester eröffnet. Hier sollen auf 10000 Quadratmeter Wissenschaftler und die Industrie direkt neben – oder besser – miteinander arbeiten. Kollaboration am gleichen Flur, kurze Wege für die Umsetzung von großen Ideen ins praktisch Anwend- und Vermarktbare. Dabei ist das geplante Wissenschaftsprogramm auch in international angelegt. Eine prima nachahmenswerte Idee, die sicher Wirkung zeigen wird.

Spezielle Themen der Britischen Space Agency sind:

Wie können wir den Lebenszyklus einer Space Mission verkürzen? Sodass von der Idee, über die Umsetzung bis zum Raketenstart nicht immer Jahrzehnte vergehen? Und natürlich – wie überall auf der Erde – die Nachhaltigkeit in der Raumfahrt und die Entwicklung von Standards dafür.

Ohne Nachhaltigkeit geht nirgendwo mehr etwas. In der Raumfahrt ist da noch viel Potenzial…

Radioaktiven Müll zur Sonne?

Die Diskussion, ob man radioaktiven Abfall auf der Sonne entsorgen kann, ist m.E. ziemlich daneben. Klar, die Sonne besitzt mit mehr als 98 Prozent (!) die bei weitem größte Masse in unserem Sonnensystem. Mit 1,99 Quintillionen Kilogramm entspricht eine Sonnenmasse 27.068.510 Mondmassen M☽ oder 332.946 Erdmassen M♁. Und der größte Nuklearofen ist sie sowieso. Da ist unser Abfall doch nur ein Krümmel?

Erstaunlicherweise ist der Grund, warum dies in der Praxis nicht ernsthaft verfolgt wird, der schnöde Mammon. Es ist schlichtweg zu teuer, den Müll aus der Erdanziehungskraft wegzubewegen. Was aber m.E. wesentlich schwerer wiegt, ist die durchaus realistische Gefahr, dass der Raketenstart missglückt und die ganze Chose dann wieder auf die Erde herunterprasselt. Wie man so eine Entsorgung überhaupt in Erwägung ziehen kann, ist mir unbegreiflich…

Humanising Space –
wenn der Mensch außerirdisch auf Reisen geht…

(c) H. O’Connor

Professor Henrietta O’Connor, Leiterin der Hochschule für Sozialwissenschaften, Kunst und Geisteswissenschaften (University of Leicester) interessiert sich in ihrer Forschung für die kosmische Soziologie; ein Thema, das die zunehmenden Probleme der Weltraumforschung und die Notwendigkeit der Weltraumpolitik umfasst.

Jahrzehnte lang war es in der Allgemeinheit ziemlich ruhig um Explorationen der Menschheit zu anderen Planeten. Ab und zu ein Raketenstart für Satelliten war kaum mehr eine Nachricht wert. Mit der Zunahme der Ambitionen unterschiedlicher Länder, Menschen (wieder) zum Mond oder auch zum Mars zu schicken, werden Regeln und Normen für Verhaltensmassnahmen enorm wichtig.

Wer zuerst kommt.…?

Wer darf ein Gebiet für sich oder seinen Staat reklamieren?
Wem gehören die Schürf- oder andere Rechte?
Wer ist für den anfallenden Müll verantwortlich?
Wer ist für die Sicherheit verantwortlich?
Wem „gehören“ Umlaufbahnen und wer muss ausweichen oder warten?
Welches Gericht/Recht ist zuständig, wenn sich einer nicht an die Vorgaben hält?
Wer kommt für Schaden an anderen (Raumfahrzeugen) auf?

Je stärker der Konkurrenzdruck steigt, ums so mehr müssen diese Anforderungen auch für außerhalb der Erde geregelt werden. Und zwar rasch.

(c) H. O’Connor

Link zur Übersicht von allen Beiträgen des British Science Festivals 2022