
Forschungsarbeit verändert sich. In der Astronomie war es zwar schon länger gang und gäbe, dass auch sogenannte Hobby Astronomen große Entdeckungen machten, aber in der Physik war dies eher unüblich. Nun verschmilzt die Astronomie, die ursprünglich ein Ableger der Physik war, fast möchte man sagen – gleichberechtigt – mit der Physik und wird zur Astrophysik.
Einer, der dazu auch den zeitgemäßen Einsatz der Gemeinschaft (Community) nutzt, ist Adam McMaster. Programmieren war schon zu meinen Studienzeiten ein Handwerkszeug, das ein Physiker zu beherrschen hatte. (So wie der Führerschein früher zum täglichen Leben gehörte.) Aber McMaster nutzt nicht nur selbst programmierte Hardware, um einen physikalischen Prozess zu steuern, sondern er setzt das Wissen und den Einsatz der Community ein, um wissenschaftliche Erkenntnisse für seine Forschung zu erlangen.
SuperWASP (Wide Angle Search for Planets) war das führende britische Programm zur Entdeckung extrasolarer Planeten. Es bestand aus zwei Roboterobservatorien, die das ganze Jahr über in Betrieb waren, bis die Untersuchung 2016 endete. Die Observatorien überwachten gleichzeitig den Himmel, um seltene Planetentransitereignisse und -objekte aufzuspüren; die Forscher arbeiten noch immer an der Auswertung der Daten.



In VeSPA eintauchen
Aber eine eng begrenzte Anzahl von Wissenschaftlern hat auch nur eine endliche Zeit zur Verfügung. Gerade in der von Hobby Astronomen geprägten Astronomie setzt McMaster zeitgemäß mit Hilfe des Projekts Zooniverse an. Hier kann jeder mitmachen, er muss nicht einmal (Hobby) Astronom sein. McMaster schuf dafür das Interface VeSPA.
VeSPA ist ein SuperWASP-Archiv für die Photometrie variabler Sterne. Veränderliche Sterne, variable Sterne oder kurz Veränderliche, sind Sterne, deren scheinbare Helligkeit von der Erde aus gesehen sich mit der Zeit verändert und deren Ursache (noch) nicht durch Vorgänge im Sonnensystem erklärt werden kann, wie beispielsweise das Funkeln der Sterne, das durch Luftbewegungen in der Erdatmosphäre hervorgerufen wird. Diese Licht-Veränderung kann durch Änderung der ausgestrahlten Lichtmenge oder auch durch etwas, das das Licht teilweise blockiert, verursacht werden, so dass es veränderliche Sterne beider Klassen gibt.

Als moderner Mensch, dem die Community wichtig ist, stellt McMaster seine Ergebnisse auch im Detail der Allgemeinheit zur Verfügung:
Wir stellen die ersten Ergebnisse des SuperWASP Variable Stars (SVS) Citizen Science Projekts vor. Das Photometrie-Archiv der Wide Angle Search for Planets wurde zuvor nach periodischen Veränderungen durchsucht, und die Ergebnisse dieser Suche bildeten die Grundlage für das SVS-Projekt auf Zooniverse. Im Rahmen des SVS-Projekts werden Freiwillige gebeten, Lichtkurven visuell zu untersuchen und sie nach einem allgemeinen Klassifizierungsschema zu kategorisieren.
Die Ergebnisse der ersten beiden Jahre des SVS-Projekts wurden jetzt online als SuperWASP Variable Star Photometry Archive (VeSPA) veröffentlicht. Das Archiv kann online durchgeblättert, vollständig heruntergeladen oder abgefragt, gefiltert und sortiert werden, um einen verfeinerten Satz von Ergebnissen zu exportieren. Die Analyse der Ergebnisse der Bürgerwissenschaftler und die Entwicklung von VeSPA-Funktionen sind im Gange.
A. McMaster
Das Universum
Das Standardmodell der Kosmologie ist die heute allgemein anerkannte Theorie zur Beschreibung der Struktur des Universums. Es beruht auf der allgemeinen Relativitätstheorie in Kombination mit astronomischen Beobachtungen. Bedeutende Beiträge zum Verständnis vor allem des frühen Universums liefert aber auch die Quantenphysik. In der Zeit kurz nach dem Urknall war die Dichte und Temperatur sehr hoch. Ein erweitertes Verständnis des Universums wird erst erreicht, wenn die Physik die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenphysik vereinen kann. Diese „Theory of Everything“ oder auch Weltformel genannte Theorie der Quantengravitation soll die vier Grundkräfte der Physik einheitlich erklären.
Dazu passend fand ich an unserm Diskurs faszinierend, dass für Adam die Hubble Konstante* das Maß aller Dinge war und ich eher von der Planck Konstanten** ausgehe.
*Hubble Konstante
Die Hubble-Konstante, benannt nach dem US-amerikanischen Astronomen Edwin Hubble, ist eine der fundamentalen Größen der Kosmologie. Sie beschreibt die gegenwärtige Rate der Expansion des Universums. Mittlerweile wird auch häufig der Begriff Hubble-Parameter verwendet, da die Hubble-Konstante genau genommen keine Konstante ist, sondern sich mit der Zeit verändert.
**Planck Konstante/Planck’sches Wirkungsquantum
Das Planck’sche Wirkungsquantum verknüpft Teilchen- und Welleneigenschaften, es ist das Verhältnis von Energie und Frequenz eines Lichtquants und das Verhältnis zwischen Masse, Geschwindigkeit und Wellenlänge eines beliebigen, wesentlich unterlichtschnellen, Teilchens. Das Plancksche Wirkungsquantum wird heute als eine universelle Naturkonstante verstanden, die die Grenze aller physikalischen Beschreibungen im klassischen Sinne festlegt.
Ausgehen von sehr groß oder von sehr klein
Das beschreibt die (noch) unterschiedliche Herangehensweise an das Thema Schwarze Löcher. Es sind zwei Seiten des gleichen Bildes, und erst wenn beide Herangehensweisen ein in sich stimmiges Gesamtbild ergeben, sind wir einen großen Schritt weiter im Verständnis unserer Existenz als Menschheit und des Universums. (Wobei zu hoffen ist, dass die Menschheit solange existiert. Aber das ist ein anderes Thema.)
Es ist, wie wenn man einen Auftraggeber hat, der verlangt, dass man aus einem alten riesigen Tudor Schloss und einem hochmodernen Wolkenkratzer EIN Gebäude macht. Ein Gebäude, das in sich stimmig ist, ästhetisch (dazu gab es mehrere Beiträge auf FuZ) und funktionell. Bionisch eben 😉
Man rätselt und denkt, das sei eine unlösbare Aufgabe, bis man durch Manchester schlendert und sieht, wie wundervoll dort uralte Gebäude mit Glas und Metall ergänzt wurden und ein stimmiges, ansprechendes schönes Ganze bilden.
Aber vielleicht führt ja genau Adam McMasters Forschung dazu, den physikalischen Stein der Weisen zu finden, den schon so viele große Köpfe, bisher vergeblich, gesucht haben…
Hintergrundwissen
Wer sich in das Thema einlesen möchte, findet hier eine Liste von allgemein verständlichen Büchern großer Wissenschaftler. Ein gewisses Grundinteresse an Physik sollte vorhanden sein.
Tipp: Je mehr man von unterschiedlichen (großen) Autoren zum gleichen Thema liest, umso „runder“ und verständlicher wird es. Jeder Autor stellt andere Punkte in seinen Fokus.
Aber alle kommen in diesen Büchern praktisch ohne Formeln aus – was in dieser Thematik eine wirkliche Herausforderung ist bei den Erklärungen. Dafür gibt es viele anschauliche Illustrationen.
1) Black Holes and Time Warps – Einstein’s Outrageous Legacy by Kip Thorne (1994)
2) The Physics of Stargates – Parallel Universes, Time Travel and the Enigma of Wormhole Physics von Enrico Rodrigo (2010)
3) The Black Hole War – Leonard Susskind (My Battle with Stephen Hawking to Make the World Safe for Quantum Mechanics)
4) Alle Bücher von Stephen Hawking: Denn nein, seine Bücher nur als Angeber-Deko in die Bücherwand zu stellen wird der humorvoll, spannend und informativ geschriebenen Lektüre nicht gerecht.
Und eigentlich sollte man (historisch) bei meinem hoch verehrten Richard Feynman starten. Aber es funktioniert auch, wenn man erst durch die anderen Bücher auf ihn neugierig wird.
Link zur Übersicht von allen Beiträgen des British Science Festivals 2022