Wie die Anflugkarten entstanden

Flugpionier Elrey Jeppesen
Flugpionier Elrey Jeppesen

Nicht jeder hat eine Fluglizenz, die von Orville Wright unterschrieben ist. Der junge Mann auf dem Foto links mit dem ungewöhnlichen Vornamen: Elrey hat(te) sie.

Sein Nachname: Jeppesen steht fürs IFR-Fliegen schlechthin. Wenn es nicht Airline-interne Karten für Berufspiloten sind, dann hat ein Pilot, der nach Instrumentenflugregeln fliegt, heute üblicherweise Jepp-Co* Karten dabei; diese Tage meist auf dem iPad oder sonstigem elektronischen Gerät.

Aber was wir heute als selbstverständlich ansehen – Luftfahrt-Information, stets detailgetreu und aktuell vorliegen zu haben – entstand in den 1920er Jahren aus harter Pionierarbeit.

Hierzulande gab es, Jahrzehnte später, ähnliche Pionierarbeit. Auf meinem ersten Flug in die Ex-DDR, nachdem man endlich legal dahin fliegen durfte, erhielten wir als Fliegermagazin-Crew noch ein handgezeichnetes und -geschriebenes, vergleichbares Büchlein der DDR-Flugplätze.

Zurück zu Elrey. Alle Fotos in diesem Beitrag stammen von einer Ausstellung auf dem Denver International Airport, der auch ohne diese Vitrinen zu den schönsten und praktikabelsten Flughäfen dieser Erde zählt. Die Ausstellung ist absolut sehenswert und ich war trotz Umsteige-Zeitproblemen nicht der einzige Pilot, der sich die ausgestellten Devotionalien mit Respekt und Freude ansah.

* Pilotenjargon

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Und hier nochmals die gleichen Bilder einzeln, damit der informative Text darauf auch lesbar ist.

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Alle Fotos: (c) hkl

Fallschirm-Wissen für Piloten

wolkenSonntag war der perfekte Tag. Mit 24 Grad und Sonnenschein für einen Oktobersonntag in Deutschland der vermutlich letzte Wettermäßig gute Sprungtag für jeden, der einen Fallschirm in Griffweite hat.

Die Bilder sind von einem Flug von Egelsbach (Hessen) nach Freiburg (Breisgau) und zurück. Nach Steve Jobs’ Motto mit der besten Kamera gemacht – also mit der, die man dabei hat, dem iPhone. Für online verkleinert, aber im Original in Druckqualität.

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Hockenheimring mal anders – aus der Luft.

Auf dem Funk-Flugweg lagen die Flugplätze: Main-Bullau, Walldorf, Bruchsal und Freiburg. An allen wurde fleißig gesprungen. Und deshalb sehen wir uns das mal aus der Sicht eines Nicht-Absetz-Piloten an. Was heißt das, wenn der Lotse einem mitteilt: Auf Springer aufpassen, die Absetzmaschine ist am Platz X gerade gestartet. Oder: Springer in zwei Minuten.

Absetzhöhen sind für Springer üblicherweise über Grund angegeben. (Die Erde und das Geröll zwischen Meereshöhe und der tatsächlichen Landeplatzhöhe sind für den Springer nicht wirklich nützlich.) Gesprungen wird bei größeren Absetzmaschinen (Caravan, Pilatus Porter, Twin-Otter) meist aus 13000 oder im Bereich um 10000 Fuß.

kurveBei einer viersitzigen Cessna 182 oder der sechs-sitzigen Cessna 206 ist die Sprunghöhe eher 10000 oder auch viel weniger – bis zu 5000 Fuß. Bei den kleinen Flugzeugen, (meist ohne Turboprop) dauert der Steigflug auf die Absetzhöhe auch dahin schon lang genug, um die 30 Minuten, im Sommer auch gerne mehr. Nun kreist eine Maschine selten über dem Platz beim Steigen. Die Beschleunigung in engen Steilkurven wäre einerseits für die Mägen der springerisch ungeübten Tandempassagiere nicht so günstig und andererseits braucht das Steigen in Kurven mehr Energie als der Steigflug in der Geraden. Darüber hinaus versucht man, die meist eh schon lärmgenervten Nachbargemeinden nah am Platz im Steigflug so weit wie möglich zu meiden.

facDie Absetzmaschine kehrt also erst auf Absetzhöhe wieder zum Platz zurück. Aber aus welcher Richtung? Weder der freifallende Körper noch Fallschirme haben einen Antrieb, mit dem sie gegen den Wind steuern können. Daher liegt der Absetzpunkt immer (hoffentlich) Up-Wind. Also etwa bei Westwind in westlicher Richtung von der Landezone am Flugplatz.

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Freiburg. Die Springer warten gerade in einer rechtlich aufgezwungenen Mittagspause.

Einschub: Das war der Soll-Fall. Das hoffentlich bezog sich darauf, dass, auch wenn sich das Aussteigen einzelner Springergruppen verzögert, das Flugzeug nicht in der Luft stehenbleibt und so auch einige Springer schon mal hinter dem günstigen Ausstiegspunkt den Flieger verlassen. Je nach Anflugrichtung zum Platz.

Im Freifall (rund drei Kilometer Höhenverlust aus 13000 Fuß/4000 Meter) driften sie dabei natürlich weiter ab. Moderne Fallschirme haben aber eine Vorwärtsgeschwindigkeit von rund 30 Stundenkilometern* und so kann man auch bei einem Gegenwind von 10 oder 20 Stundenkilometern noch ein wenig Strecke gutmachen und wieder zurück zum Platz fliegen.

flaeche1 Egal aus welcher Höhe der Springer das Flugzeug verlässt, bei rund 3000 Fuß (1000 m) über Grund ist Schluss mit dem Spaß am Freien Fall. Ist es eine Gruppe aus mehreren Springern, so trennen sich die Springer hier spätestens von einander und aktivieren möglichst weit weg von einander ihre Hauptschirme. Und hängen dann erst am Fallschirm.

flaeche Unter 800 Meter über Grund sollte man als Pilot also nur mehr Springer am Fallschirm antreffen. Dass man die besser sieht als die Freifaller, und ihnen rechtzeitig ausweichen kann, ist ein Märchen. Zur Erinnerung: der Schwächere hat immer Vorfahrt und das ist auch bei einem Segelflieger der Fallschirmspringer.

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Es gilt also an Tagen mit Sprungbetrieb (meist an sonnigen – noch oder im Frühjahr schon – einigermaßen warmen Wochenenden) im Zweifelsfall lieber den in der Karte markierten Sprungkreis zu umfliegen. Ist für alle: das eigene Flugzeug, die Springer und die eigene Seele besser. Anstatt im Minutentakt auf die neue Info-Frequenz des nächsten Platzes zu wechseln, um den aktuellen Stand des Absetzens zu erfragen, macht es für den Überland-Flieger Sinn auf der betreffenden FIS-Frequenz* zu sein.

Hier kann man zwar den Funkverkehr zwischen Absetzmaschine und Fluglotsen nicht hören – die Absetzfreigabe wird vom IFR-Lotsen des jeweiligen Kontrollsektors erteilt und die „Springer in 2 Minuten“-Meldung erfolgt auf der Platzfrequenz – doch der FIS-Lotse sieht den Absetzflieger auf seinem Radarschirm, steht mit dem IFR-Kollegen in Verbindung und kennt den aktuellen Status der Drop-Zone. Er kann also Auskunft und Ausweichempfehlungen geben. Wenn viel los ist, dann sollte man dennoch beim FIS-ler aktiv nachfragen, bevor man quer über einen Sprungplatz fliegt. Egal in welcher Höhe.

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Abrollen nach Landung auf der Grasbahn in Egelsbach.

 

Der Luftraum ist für alle da und wenn wir ihn alle sinnvoll und mit Verständnis nutzen, dann sind alle Unternehmungen auch sicher.

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Mumins gibt es nicht nur in Finnland. Auch auf Abrissbauwerken in Freiburg.

*FIS = Fluginformationsdienst. Die jeweils örtlich korrekte Frequenz ist auf der Luftfahrtkarte ersichtlich.

*30 Stundenkilometer: Das ist eine hier zur Veranschaulichung aufgeführte Zahl. Es gibt wesentlich schnellere Schirme und auch langsamere. Generell hängt die Geschwindigkeit eines Flächenfallschirms von sehr vielen Faktoren ab: Bauart, Größe, Gewicht des Springers, Material, Luftfeuchte und anderen meteorologischen Fakten. Und zur Ergänzung: Zusätzlich zur Vorwärtsgeschwindigkeit haben wir beim Fallschirm in jedem Fall auch eine Sinkrate. Der Bereich, den ich noch erreichen kann, verringert sich also mit Annäherung an die Erde (auf den Kopf gestellter Kegel).

Alle Fotos (c) H. Kleisny