Schlafmangel im Cockpit

Im Memo „Pilot and crew fatigue — frequently asked questions European Commission – MEMO/13/854 04/10/2013“ veröffentlicht die EU-Kommission Informationen, um ihren Vorschlag zu Neuregelung der Flugdienstzeiten zu verteidigen. Unter dem Titel „Was sind die Hauptmythen, die im Umlauf sind – was sind die Fakten?“ beispielsweise die Aussage: „Der Vorschlag erlaubt den Besatzungen nach 8 Stunden Bereitschaft einen anschließenden Dienst von 14 Stunden zu übernehmen und somit nach 22 Stunden und mehr zu landen“ wäre unwahr, es könne realistischer Weise nicht zu mehr als 18 Stunden Wachzeit kommen.

Beginnt aber ein Bereitschaftsdienst etwa um 05:00 Uhr, so wird man um 04:00 Uhr aufstehen müssen, damit man um 05:00 Uhr bereit zur Abfahrt im Falle eines Einsatzes ist. Wird man nun um 11:00 Uhr zu einem Einsatz ab 12:00 Uhr gerufen, so ist man bereits acht Stunden wach, bis der Dienst beginnt. Dieser darf nun noch 14 Stunden betragen, so dass eine Landung um kurz vor 02:00 Uhr Nachts legal wäre!

Schlafen während der Bereitschaftszeit ist kaum möglich, nicht nur wegen der inneren Anspannung, sondern auch wegen des menschlichen Biorhythmus. Der Pilot ist verpflichtet, zu Dienstbeginn ausgeruht zu sein, so dass sein Schlafbedürfnis bis 04:00 morgens Uhr gedeckt sein muss. Schlafen, wenn man ausgeschlafen ist, funktioniert aber nicht, auch dies ist wissenschaftlich belegt. Somit kommt es sehr realistisch zu solchen Dienstzeiten.

Unter „Mythos #2“ behauptet die Kommission weiter, dass es nur eine Studie gäbe, die nachts nicht mehr als zehn Stunden Flugdienstzeit für vertretbar hält. Der Europäischen Agentur für Flugsicherheit, EASA, lagen hingegen fünf Gutachten vor, die zehn Stunden als die maximal vertretbare Zeit propagieren. Selbst die von der EASA beauftragten Studien zeigten aber immer wieder, dass mehr als zehn Stunden nicht verantwortbar sind. Im Gegensatz dazu haben bis heute weder EASA noch Kommission irgendwelche wissenschaftlichen Belege vorgelegt, die Dienstzeiten in der Nacht bis zu elf Stunden stützen würden. Elf statt zehn Stunden bedeutet eine Verschlimmerung der Übermüdung von 20-30% und somit eine erhebliche Gefahrenzunahme!

Als „Mythos #3“ bezeichnet die EU-Kommission die Aussage, dass der Regelungsvorschlag nicht sicher und nicht wissenschaftlich basiert ist. So nimmt die Kommission in Anspruch, dass man über Jahre mit drei Wissenschaftlern, sowie Experten aus dem Luftfahrtbereich gearbeitet hätte. Fakt ist, dass die Wissenschaftler selbst bemängelten, dass die EASA weder richtig verstanden habe, was sie aussagen wollten, noch sich die Mühe gemacht hätte, dies zu tun. Auch weigerte sich die EASA, ihren eigenen Vorschlag noch einmal in Gänze von den Wissenschaftlern auf dessen Sicherheit bewerten zu lassen. Dr. Mick Spencer, einer der beteiligten Wissenschaftler drückte auf einer Podiumsdiskussion der Vereinigung Cockpit  (ab 24:20 min.) seine Enttäuschung darüber aus.

Zuletzt hatte ein weiterer Wissenschaftler der ersten von der EASA beauftragten Studie, Dr. Alexander Gundel (DLR), den Verkehrsausschuss der EU ausdrücklich davor gewarnt, dem Regelwerk zuzustimmen, da dieses nicht in Einklang mit den Erkenntnissen der Wissenschaft stünde (ab Minute 12:58). Auch die Bemühungen der Piloten, Sicherheit für Besatzungen und Passagiere durch Schilderung eigener Erfahrungen zu erlangen, wurden zur Seite geschoben und als „Gewerkschaftsarbeit“ diffamiert.

(Nach Informationen der Vereinigung Cockpit)