An diesem Tipp sind Klaus Brinkbäumer (CR Der Spiegel) und Bestsellerautor Daniel Kehlmann schuld. Unwissentlich klarerweise. Beide führten auf der Buchmesse ein informatives Gespräch über Kehlmann’s neuestes Buch Tyll. Das Urteil informativ stellte leider nicht nur ich fest, und so war nicht nur der Spiegelstand und der daran anschließende Hallengang dosensardinenmäßig dicht mit Zuhörern gepackt. Irgendwo mittendrin stand ich eingekeilt zwischen Menschenmassen und Buchtüten. Nach einer zwar fürs Gehirn anregenden Stunde, für den Körper gefühlt aber ohne Sauerstoff, suchte ich nur noch nach einem Sitzplatz mit viel Freiraum. Und Luft zum Atmen.
Während dieser Ruhephase sah ich einen Verlag, an dessen Stand ich schon an etlichen Tagen zuvor mehrfach vorbeigelaufen war. Ein Verlag, der allen Ernstes in der heutigen Zeit noch konventionelle Spiele, Spiele ohne Computer, ohne Software, so richtig zum Anfassen, anbietet und damit wohl auch guten Umsatz macht.
Zu Mensch ärgere Dich nicht oder Monopoly zieht mich nichts hin. Gar nichts. Spannung allein ist zuwenig. Wenn ich meine Zeit auf etwas verwende, dann muss dabei auch das Denken gefordert werden. Durchaus in Gemeinschaft von anderen.
Und so entdeckte ich die Exit-Reihe mit sogenannten Escape-Spielen – so eine Art Schnitzeljagd im Wohnzimmer. In zehn unterschiedlichen Spielen müssen ein bis vier Spieler zahlreiche Denk- und leichte Logikaufgaben lösen, um ans Ziel zu kommen. Wir haben „Der versunkene Schatz“ ausprobiert. Alle zehn Spiele funktionieren aber nach dem gleichen Muster: um-die-Ecke-denken ist gefordert.
Jedes Spiel kann man nur genau einmal spielen. Das Anleitungsheft wird zerpflückt, zerschnitten und gefaltet. Nach der Rätsellösung ist das Spielmaterial größtenteils zerstört. Auch andere Spielteile, sogar die Verpackung, kommen während des Rätsellösens zum Einsatz.
Vor Beginn muss man ein wenig lesen, worum es geht und wofür die einzelnen Spielteile gedacht sind. Einfacher geht das, wenn man sich das im Erklär-Video anguckt. Also doch eine App herunterladen. Die startet nach der Einführung automatisch eine Stoppuhr und blubbert und gurgelt als Hintergrundgeräusch zu unserer Schatzsuche unter Wasser. Für das Lösen des Spielrätsels sind 45 bis 90 Minuten veranschlagt. Die Zeit geht in die Bewertung am Ende ein. Leider zählt da eine geringere Zeit mit mehr umgedrehten (zur Hilfe genommenen) Hinweiskarten besser als eine längere Zeit, in der die Spieler mehr ihre grauen Zellen arbeiten ließen und weniger Hilfe in Anspruch nahmen.
Man kann alle Spiele der Exit-Serie alleine lösen. Geht. Mehr Spaß macht es aber mit zwei Spielern, oder als Familienspiel mit zwei Erwachsenen und Kindern. Bei mehreren gleichaltrigen Spielern übernimmt vermutlich der Intelligenteste und die anderen sehen zu.
Es ist ungewohnt, ein Spiel nur einmal spielen zu können und die Überreste dann wegzuwerfen. Andererseits, wären die Freunde oder die Familie statt des Spielens ins Kino gegangen, wäre der verregnete Sonntagnachmittag auch vorbei und weg. Vielleicht muss man das einfach anders sehen.
Von den zehn Spielen gibt es auch eines als Buch: Der Keller der Geheimnisse. Es ist der Versuch, eines der Exit-Spiele primär für nur einen Spieler als zerschneidbares Buch mit mehr Lesestoff zwischen den Rätseln zu präsentieren. Das hat den Nachteil, dass der Jugendbuchcharakter im Schreibstil wesentlich mehr durchschlägt als bei den Schachtel-Spielen.
Insgesamt ist es eine interessante Alternative zu Online-Spielen und durchaus einen Versuch wert, wenn man den oder die Angebetete einmal mit etwas Neuem überraschen möchte. Luftfahrtbezogene Rätsel gibt es bisher leider keine. Aber die Hintergrundstory ist sowieso weniger spannend als die Herausforderung des Rätsellösens an sich.
Die Reihe ist wirklich empfehlenswert. Allerdings ist Vorsicht geboten: Sie macht süchtig!
Von den Spielen habe ich inzwischen fast alle, die eine Hälfte auch schon gespielt, der Rest wartet auf die nächsten Ferien. Das Buch hat mein ältester Sohn zum Geburtstag bekommen. Das fanden wir auch nicht schlecht.
Wir lieben die Reihe 🙂