
Lügner!
Mit: You are a Liar als Eventtitel zog die Psychologin Giuliana Mazzoni ihre Zuhörer in den Bann. Was ist Wahrheit und was ist Lüge?
So einfach ist das nicht immer zuzuordnenWeiterlesen »
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Manches befürchtet man, möchte es aber nicht in der Realität sehen. Dazu zählt sowohl von Fallschirmspringerseite als auch von Seiten des Piloten ein Zusammenstoß.
Der Luftraum ist für alle da und es gibt (ziemliche logische) Vorrangregeln, die einfach darauf beruhen, dass derjenige der (noch) mehr Möglichkeiten hat, auszuweichen, dem anderen Vorrang zu geben hat. Das ist bei gleicher Gattung (zwei Flugzeuge, zwei Springer…) stets der höhere und der schnellere.
Beim (möglichen) Zusammentreffen von Motorflugzeug und Fallschirmspringer hat klarerweise der Pilot auszuweichen. Und zwar rechtzeitig.
Das Foto oben zeigt einen Vorfall am South Lakeland Airport (das ist rund 4,5 Meilen südlich von Lakeland Linder Airport, LAL, auf dem jedes Frühjahr die Sun ’n Fun stattfindet). Er wird noch vom NTSB (National Transportation Safety Board) und der FAA (Federal Aviation Administration) untersucht. Weitere haarsträubende Fotos zu diesem Vorfall gibt es hier.
Der Springer war kurz vor der Bodenberührung (geschätzt weniger als einen halben Meter vom Boden entfernt), als sein Schirm von einer Cessna 170 erfasst wurde, deren Pilot Durchstartübungen am gleichen Platz ausführte. Man glaubt es kaum, aber beide waren nach dem Unfall nur leicht verletzt. „Das hätte auch schlimmer ausgehen können“, sagt mir Augenzeuge und Fotograf Tim Telford am Telefon. „Es zeigt, wie wichtig eine konstante Awareness (Aufmerksamkeit) der Umgebung für den Piloten ist. Man muss stets wissen, was sich rund um einen abspielt.“
Die USA sind doch so weit weg. Das könnte bei uns nicht passieren. Ach ja?
An einem der letzten Wochenenden war ich fliegerisch an einem kleinen Platz mitten in Deutschland unterwegs. Er ist, gerade an Wochenenden ein beliebtes Ausflugsziel für Piloten, die in die Stadt gehen oder am netten Flugplatzrestaurant Rast machen. Und: Er hat an Wochenenden Fallschirmsprungbetrieb aus einer Cessna. Üblicherweise mit zwei Tandems pro Flug.
Nun kommt Absetzen an einem kleinen Platz an einem sonnigen Wochenende schon hart an die Grenze von routinemässigen Busfahren: Schnell auf Absetzhöhe, Freigabe zum Absetzen, Springer raus und möglichst schnell wieder landen, um die nächsten Springer aufzunehmen.
Bei der „12. Load“ (dem 12. Flug) vergisst man schon mal als Pilot, zu sagen: „Die Springer sind raus“. Das wäre aber für die anfliegenden anderen Maschinen eine große Hilfe. Denn der vorangehende Funkspruch: „Springer in zwei Minuten“ heißt für mich als Pilot rein gar nichts – ausser einer Warnung, dass demnächst Springer in der Luft sein können.
Bei „Springer in zwei Minuten“ hat der Pilot die Absetzfreigabe, wenn erforderlich, erhalten und gibt sie an die Springer im Flugzeug weiter. Die machen dann bei 130 Stundenkilometern (= Kilometer pro Stunde) die Türe auf und rutschen mit dem Tandempassagier zur Öffnung, klettern raus und, wenn der Passagier nicht verweigert, springt das erste Tandem ab. Dauert das alles zu lange, dann macht der Pilot einen neuen Anflug und die Aussteigprozedur beginnt von vorne. Das ganze (im Flugzeug) kann sich also über mehrere Minuten hinziehen, während der Freifall im gemeinsamen Luftraum an sich bestenfalls eine Minute dauert.
Als Pilot einer an den Platz anfliegenden Maschine könnte ich nach der Aussage: Springer in zwei Minuten rücksichtslos meinen Landeanflug fortsetzen oder bedachtvoll von Platz wegfliegen und ausserhalb der Platzrunde warten. Warten in der Luft heißt aber Vollkreise fliegen und das in niedriger Höhe, weil ich ja bereits im Landeanflug war.
Konkret sah das in unserem Fall so aus: Der Pilot im Flugzeug vor uns erweiterte sein Base-Leg und flog – statt zu landen – wieder vom Platz weg. Flog also in einem großen Abstand erneut eine erweitere komplette Platzrunde. Ich war im Gegenanflug, flog nach rechts aus der Platzrunde hinaus und dreht meine Kreise, versuchend, möglichst keine Häuser zu überfliegen. Was schwierig ist, weil die Platzrunden meist so gelegt sind, damit man den Überflug von Häusern vermeidet. Ausserhalb dann aber alle Gebäude liegen, deren Bewohner keinen Überflug in geringer Höhe wünschen.
Nach zwei Vollkreisen und noch immer keine Springer in Sicht, beschloss ich zu landen und flog erneut in die Platzrunde ein. Kurz vor Eindrehen in den Queranflug (Base) waren beide Tandems im Anflug auf den Platz zu sehen. Ich brach also meinen Anflug erneut ab und drehte ein zweites Mal aus der Platzrunde heraus, um den Springern nicht im Weg zu sein.
Der Flugleiter im Turm konnte, im Turm sitzend mangels Glasdach nicht senkrecht nach oben schauen. So ist auch er darauf angewiesen, vom Absetzpiloten zu hören: Springer sind raus.
Ein wenig Kooperation und Mitdenken aller würde auch die Akzeptanz aller erhöhen. Dazu zählt unter anderem, auch beim x-ten Absetzflug am Tag die Aussage: Springer sind raus.
Zum tragischen Unfall ist bereits (zu) viel gesagt und geschrieben worden. Daher nur auch von uns Fallschirmspringern alles Gute an den Kollegen!
Was nicht ganz so bekannt ist, ist, dass Michael Schumacher seit einigen Jahren auch als Fallschirmspringer unterwegs ist. Ausgebildet (hochgeheim 😉 ) in Eloy, Arizona, von einem der besten, dem Kanadier Craig Girard.
Mini-Helmkameras (Go-Pro’s) sind Standard beim Springen heute. Dass man die dann auch in anderen Sportarten wie Schifahren, Klettern oder sogar beim Achterbahnfahren einsetzt, ist nachvollziehbar und sicher nicht der Grund, weil die Kamera „beispielsweise nervenkitzelnde Aufnahmen von rasanten Abfahrten“ erlaubt. (Focus-Zitat). Geht’s noch?
Daher halte ich Gerüchte, dass er zu schnell und leichtsinnig unterwegs war, für reine Mutmaßung. Jemand, der jahrelang praktisch unfallfrei Rennen in seiner Klasse fährt und (danach) Fallschirm springt, kann das Risiko sehr wohl einschätzen. Dass es trotzdem schiefgehen kann, ist leider Teil des Lebens.
All the Best!