Hull5: Psycho-Spielchen

Lügt Jacob oder sagt er die Wahrheit?

Lügner!

Mit: You are a Liar als Eventtitel zog die Psychologin Giuliana Mazzoni ihre Zuhörer in den Bann. Was ist Wahrheit und was ist Lüge?

So einfach ist das nicht immer zuzuordnen, siehe das Beispiel mit Jacob oben im Bild. Mathematisch gesehen sagt Jacob die Wahrheit. So würde seine Aussage auch in einer mathematischen Wahrheitstafel als wahr notiert. Aber sind wir Menschen genauso dieser Meinung?

Täuschen und Lügen sind Eigenschaften von Tier und Mensch. Ab dem zweiten Lebensjahr lügen Menschen und perfektionieren diese Fähigkeit über die Jahre immer weiter.

Denn Lügen setzt voraus, dass wir andere „lesen“ können, über sehr gute Aufmerksamkeit und prima Gedächtnis verfügen – schließlich müssen wir uns an unsere Geschichten auch im Detail erinnern können – Lügen ist eine wahre Denkleistung (sophisticated cognitive action).

Mehr noch als gegenüber andere belügen wir uns selbst. Mazzoni zeigt etliche Wege auf, wie wir uns selbst etwas vormachen: Tatsachen leugnen (das eine Stück Torte/Glas Alkohol geht noch…) oder Rationalisieren (nachträgliche Rechtfertigung eines Verhaltens: das musste so gemacht werden, weil…) und vieles mehr. Wir sind wahre Künstler, wenn es darum geht, uns selber zu täuschen.

Beeinflusse deine Zukunft

Dass man das auch zum Umsetzen von Zielen nützen kann, meint der Neuropsychologe Scott Cole. Für Fallschirmspringer sind seine Ergebnisse dazu nichts Neues:

When you image the future – be specific

Also: wenn du dir deine Zukunft ausmalst, mache das so detailreich wie möglich. Fallschirmspringer (FSS) nennen das Dirt Diving: Man übt vor dem Einsteigen ins Flugzeug so detailreich wie möglich jeden Handgriff (und jede Körperhaltung), die man oben in der Luft mit 180 Stundenkilometern in einer Minute ausführen wird. (Denn die Angst des erfahrenen FSS ist nicht, abzustürzen oder wovor immer es Nichtspringer grauen mag, sondern: da oben als einziger in einem 40er einen Fehlgriff zu setzen. Please God, don’t let it be me…who makes the mistake)

Darum üben FSS am Sprungplatz oder auch sitzend im Flugzeug in Gedanken alles, was sie da oben ausführen sollen oder wollen. Erfahrungsgemäß gilt: Was du am Boden vergisst, führst du später unter Zeitdruck auch nicht aus. Dafür werden Fehler, die man am Boden beim Dirt Diven macht, 1:1 in den späteren realen Sprung übernommen.

Fazit: Sei möglichst detailreich, wenn du dir deine Zukunft, dein nächstes Ziel überlegst. Aber überlege gut, was du machst, sonst kommt Goethes Zauberlehrling zum Zug.

Positive forward thinking can help you with achieving a task

Fallschirmspringer üben dies seit den 1970er Jahren aus, in der Pilotenschulung und im Top-Wettkampfsport beginnt man damit. Von Dirt spricht da allerdings keiner, da nennt man es pathetischer: Memorieren.

Die negativen Auswüchse der (unbemerkten) Beeinflussung unseres Gehirn und damit unseres Verhaltens zeigte die Statistikerin Jennifer Rogers auf. Korrelation bedeutet nicht immer auch logischen Zusammenhang meint Rogers und führt unter anderem das bekannte Beispiel an: Der Eisverkauf ist im Sommer am größten und die meisten Menschen ertrinken im Sommer. Daraus lässt sich nicht schließen, dass Eisessen direkt zum Ertrinken führt.

Wie zufrieden sind die Passagiere?

Von etlichen Journalisten und PR-Menschen werden aber tagtäglich vergleichbare Schlüsse gezogen und als wahr suggeriert. Vielfach ist es schon die Wahl der Basislinie bei Infografiken oder die Farbe der einzelnen Objekte, mit denen manipuliert wird.

Unten ein Beispiel einer Untersuchung und Präsentation einer Fluglinie über die Zufriedenheit ihrer Kunden. 92% der Befragten sind sehr zufrieden, meint die Fluglinie.

Es kommt halt auf die Art der Fragestellung an, was als Ergebnis gewünscht wird…

 

Noch ein Beispiel zum Risiko-Bewusstsein von Smartphone-Getriebenen (siehe unten). Das wäre dann die Ablenkung (Distraction) oder das Leugnen (Denial) – die bewusste Abkehr von der realen Aufgabe oder Gefahr:

Verbotsschilder in Russland.

Wenn’s denn hilft.

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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