Zum gestrigen Absturz einer Militärmaschine in Algerien ist außer den üblichen Vorverurteilungen/Vermutungen (schlechtes Wetter, Weight&Balance?) Unfalluntersucherisch zurzeit nichts zu sagen.
Was mich aber entsetzt – wieder einmal – ist die sensationsgetriebene Berichterstattung; bar jeden Nachdenkens und Nachfragens VOR der Veröffentlichung: 100 Tote (Zivilisten mit eingeschlossen) sollen es ursprünglich gewesen sein.
Wenn man schon fliegerisch keine Ahnung hat, sollte man als Journalist wenigstens recherchieren können. Eine Hercules C130 ist im Standardfall für 92 Passagiere (auf den militärischen Klappsitzen) ODER für 54 zivile Passagiere bei normaler Flugzeugbestuhlung zugelassen.
Da wäre schon die erste Nachfrage bei einer seriösen Berichterstattung fällig. War es also Überladung – was in stark turbulenter Luft in den Bergen sicher zu fliegerischen Problemen führen wird? Oder, wie seriös ist die Quelle, aus der der Journalist frech und frei abschreibt?
Sicherheitskreise? Vielleicht wären Quadrate zuverlässiger? Oder Sicherheits-Rhomben?
Staatliche Stellen? Wer hat in welchem Land was gesagt? Die algerischen Flugunfalluntersucher haben hoffentlich keine derartigen Informationen in die Welt gesetzt. Aber vielleicht war es ja das Ernährungsministerium… Staatlich klingt sicher gut und seriös. Egal, wer dahinter steckt.
Nach mehreren Updates und einem Tag später einigten sich die (Internet-)Medien dann auf 77 Tote.
Dass, Zitat WAZ: „die Kommunikation zwischen Flugsicherung und Cockpit vor dem Absturz beim Landeanflug auf den Flughafen der Stadt Constantine abgebrochen sein soll“ ist für die Ursache des Unfalls komplett irrelevant. Nur, weil kein Lotse mehr mit einem spricht, ist noch kein Flugzeug vom Himmel gefallen. Dass aber der Funkkontakt abbricht, wenn eine Maschine einerdet, ist normal. Und keiner Erwähnung wert.
Also bitte liebe Kollegen: Mehr Recherche VOR einer Veröffentlichung. Was ist wichtig, was gehört zum Vorfall, was nicht? Vor allem, wenn Luftfahrt ansonsten nicht zum eigenen Tagesgeschehen zählt.
Die Unsitte, erst einmal irgend etwas im Netz zu veröffentlichen; die Kommentatoren und anderen Websites werden es schon richtigstellen, ist leider mittlerweile gängige Praxis auch von allgemein als seriös angesehen Medien.