Ein iPad gab es lange schon vor Steve Jobs’ erster Präsentation – im Star Trek Film, auch die Rakete zum Mond flog in Jule Verne’s Büchern bereits 1865. Science Fiction und technische Entwicklungen beeinflussen sich wechselseitig. Am bestem sieht man das, wenn Virtuell und Special Effect Genies ihre Künste vorführen und sich dabei hinter die Kulissen schauen lassen.
Sich Brillen aufzusetzen und dann in eine künstliche Welt abzutauchen ist schon lange nichts Weltbewegendes mehr. Gehört wie Fallschirmspringen 🙂 zum Alltag vieler Menschen.
Eine neue Dimension bringt nun schon seit einigen Wochen der Europapark für seine Besucher: Virtuelle Realität während einer Achterbahnfahrt. Das hört sich zunächst nicht so besonders an, vor allem nicht, wenn man die Basis, die (für viele) angejahrte Bahn dazu sieht.
Als ich Mitte des Jahres davon erfuhr, war ich zunächst nicht sonderlich begeistert. Klar, als Achterbahn ist ein Blue Fire mit einigen Umdrehungen prickelnder als der 31Jahre alte Enzian Alpenexpress. Aber das hell/dunkel-, kalt/heiß-Feeling während der Fahrt in die Grotte, die (zugegeben) kitschige Zwergenwelt ist einzigartig und hat als solche ihre Existenzberechtigung. Das zu verlieren wäre schade. Ein wenig Märchenwelt, auch für Erwachsene, durch die Höhle zu Fuß durchzugehen, während zwei unterschiedliche Bahnen an einem vorbeirasen. Hat was.
Aber man kann den hinteren Teil des Enzianexpresses noch immer ohne Brillen fahren. Das ist deshalb gut, weil das VR-Spektakel im vorderen Teil wesentlich aufwändiger ist. Zunächst kostet es pro Fahrt zurzeit 4 Euro pro Person. Alle anderen Bahnfahrten sind im Eintrittspreis des Parkes enthalten.
Man braucht dazu eine Emotions-Karte, die man sich extra besorgen muss. (Erster Schalter mit anstellen). Dann muss man sich (zweiter Schalter ) anstellen, um sich für einen bestimmten Zeitbereich für die Fahrt anzumelden. Die dritte Anstell-Schlange ist dann für die Fahrt selbst.
Der Europapark ist sehr restriktiv mit der Herausgabe von Bildern zur Film-Bahnfahrt. (Selbermachen geht schlecht ;-)) Schade. denn so ein richtiger Hingucker würde doch zur Fahrt animieren? Quelle: Europapark
Um mit dem nicht so Schönen zu beginnen: Die Story mit den Kindermärchenfiguren macht Erwachsene nicht wirklich an. Entspricht auch nicht der Technik, die hinter allem steht. Da hätte man ein wenig mehr in die Zukunft, Weltraum oder was auch immer, gehen können. Meine Mitfahrer und ich fanden den Film eher albern.
Was aber richtig gut ist, ist die Bewegung der Bahn zum Film. Geht es real in die Kurve, macht auch die rasante Fahrt im Film eine Kurvenfahrt. Man ist schnell im Geschehen drin und das ist zurzeit noch eine ziemlich einzigartige Erfahrung.
Das nächste Aber lauert schon: An einer Stelle macht die Bahn im Film einen Überschlag, der in der Realität auf dieser alten Bahn eben nicht passiert. Das macht Menschen wie mir (Piloten) echt zu schaffen und löst Übelkeit aus. Ich gehöre auch zu den Personen, die im Full-Flight-Simulator Orientierungsprobleme beim Rollen am Boden kriegen. Da schafft es das Visual (also der Output der Berechnungen des Computers) nicht, die Schnelligkeit der realen Bewegungsänderungen im Bild umzusetzen. Die Optik stimmt nicht mit den Körpererfahrungen überein.
If it’s there and you can see it, it’s real.
If it’s there and you can’t see it, it’s transparent.
If it’s not there and you can see it, it’s virtual.
If it’s not there and you can’t see it, it’s gone.
Old IBM VM Statement (Scott Hammer)Mangelnde Synchronisation zwischen Bild und Bewegung löst Übelkeit aus. Wer allerdings nicht weiß, wie sich eine reale Rolle oder ein Looping anfühlt, wird vermutlich damit keine Probleme haben.
(Analog zu Kindern, die nicht mehr wissen, wie Joghurt mit realen Erdbeeren wirklich schmeckt und das gekaufte „Erbeerjoghurt“ als den originalen Geschmack ansehen.)
Die VR-Brille ist übrigens kein Oculus Rift, sondern von Samsung (Gear-VR-System). Der Vorteil liegt im kostengünstigeren Preis, sie ist kabellos und als VR-Brille auf den Consumermarkt ausgerichtet.
Es gab wohl auch schon VR-Testfahrten mit der Pegasus-Bahn und dem Blue Fire. Pegasus, die auch keine Überschläge hat, aber deutlich schneller ist als der Alpenexpress, kann ich mir mit VR auch gut vorstellen. Wenn beim Blue Fire aber die Synchronisation des Loopings und der Rollen zwischen Film und Realität nicht haarklein übereinstimmt, kommt das vermutlich schlecht für das Mittagessen zuvor.
Leider weigert sich der Europapark, einen Link zum Film zur Verfügung zu stellen: Auf Youtube gibt es aber mehrfach Links dafür.
Die finanziellen und die Bedingungen zum Kartenbesitz sind noch im Prozess der Anpassung. Das hier Beschriebene ist der Stand von vor einigen Wochen.
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Nachtrag, 25.3.2016
Mittlerweile ist auch der hintere Teil der Pegasus-Bahn für VR-Brillen ausgerüstet. Pegasus ist eine kleine, aber schnelle Bahn ohne Überschläge. Für mich ist sie ohne VR besser. Aber eine interessanter Schritt in die Zukunft ist es allemal.