Weihnachten 2015

IMG_0002Wie die Jahre zuvor (2013, 2014) möchte das Flugundzeit-Blog auch in diesem Jahr wieder an alle erinnern, die die Festtage nicht mit ihren Lieben beim heimischen Tannenbaum verbringen, sondern sich stattdessen dafür einsetzen, anderen Menschen fröhliche Weihnachten im Kreise derer Lieben zu ermöglichen.

Das sind nicht nur die Flug-Crews (Piloten und Flugbegleiter – die übrigens im Gegensatz zu anderen Angestellten weder einen Feiertagsaufschlag noch einen Tag oder auch nur eine Stunde frei dafür bekommen), sondern im fliegerischen Umfeld auch alles Flughafenpersonal, die Lotsen der Flugsicherung, Busfahrer, Krankenhauspersonal und viele mehr. Ihnen alle eine wunderschöne und zumindest möglichst stressfreie Weihnacht 2015!

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Stellenausschreibung am DESY

DESY freut sich auf Ihre/Eure Bewerbung:

Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY sucht im Bereich
Öffentlichkeitsarbeit ab sofort:
eine Leitung der Fachgruppe Wissenschaftskommunikation beim Projektträger DESY.

Link

PT-DESY betreut verantwortlich die Öffentlichkeitsarbeit für das BMBF im Rahmen der Beauftragung, inklusive der Redaktion des Internetportals Welt der Physik.

Last Minute Weihnachtstipp 2015-2: In welchem Universum wohnt Gott?

Eigentlich heißt das schmale Büchlein: Zwei Seiten einer Medaille. Was sich im tieferen Sinn auch auf die zwei Autoren beziehen kann: Der Physiklehrer Michael Grün schreibt den ersten Teil aus seiner Sicht und dann folgt der Management-Trainer Pater Anselm Grün und erklärt, warum sich der Glaube an Gott durchaus mit der (etwas allgemeiner ausgedrückt) modernen Physik und zeitgemäßen Forschung vereinen lässt.

Albert Einstein, der Entwickler der Relativitätstheorie, war ein gläubiger Mensch, Marie Curie, zweifache (naturwissenschaftliche) Nobelpreisträgerin – nicht. So eindeutig scheint es also auch bei den Großen unter den Wissenschaftlern nicht zu sein.

Und dann wäre da noch die Frage eines achtjährigen Mädchens: “In welchem Universum wohnt denn nun Gott?” Am Mond wohnt er nicht, am Mars wohl auch nicht, das wissen wir. Wissen wir? Und wie sieht es jenseits des Kuiper Gürtels aus?

Fragen über Fragen. In der Weihnachtszeit bietet sich vielleicht die Gelegenheit, einmal innezuhalten vom Trubel und Stress und ein wenig über den Sinn des Lebens, Gott und die Quantenphysik zu philosophieren. Allein oder am Mittagstisch mit den Kollegen. Oder auch mit Jugendlichen, die sich über das kleine Geschenk als Diskussionsgrundlage freuen.

Initiator des Büchleins war Michael Grün. Er hatte die Vorlesung (Gott und die Quantenphysik) mehrmals gehalten und war dann öfter auf eine schriftliche Zusammenfassung angesprochen worden. Und wenn man dann schon einen Bruder hat, der so viele Bücher über und zum Sinn des Lebens und wie wir uns warum wann verhalten sollen, geschrieben hat, dass er die Anzahl selbst aus dem Stehgreif nicht parat hat, dann soll der eben auch noch seine Sicht der Dinge ergänzen. Perfekt.

Der Physiklehrer schildert leicht verständlich und angenehm zu lesen, wie sich Religion und Physik entwickelt haben – in der Antike (Platon) waren sie noch ein und dieselbe Wissenschaft. Wieweit man nun zustimmenderweise seinen Ausführungen bis zur heutigen These folgt, den Urknall als die religiöse Schöpfung zu sehen – wenn vorher nichts war, dann soll das Sinn machen, sei jedem selbst überlassen. Der vielfache Bezug von namhaften Physikern zu ihrer Zeit und dem jeweiligen Glauben in der Zeit ist aufschlussreich und wie alles Systemübergreifende, erhellend. Viele (mit der physikalischen Materie Vertrauten) bekannte Bilder ergänzen sein Ausführungen.

Am Mond wohnt er nicht, am Mars wohl auch nicht.
In welchem Universum ist Gott?

Pater Anselm Grün nähert sich der Quantenphysik von der religiösen Seite. Mit vielen Zitaten aus der Bibel geht er auf die Erkenntnisse der Quantentheorie ein und setzt beides in Relation. Die Grundlagen der Relativität, Nicht-Objektivität und Nicht-Lokalität frischt der erste Teil locker und verständlich auf. Die darauf folgende Herangehensweise von der theologischen Seite (auch Anselm Grün ist Physiker) ist philosphischer. Eine ausführliche weiterführende Literaturliste zu beiden Teilen ergänzt die Texte.

Es ist kein Buch, das man verschlingt wie Hieroglyph (erster Weihnachtstipp 2015). Zumindest wenn man über den Sinn der Worte und die eigene Stellung dazu reflektiert. Es hat auch nicht wie Hieroglyph 532 Seiten, sondern nur kleine 128. Trotzdem:

Lesen. – – –

Reflektieren, wie das eigene Weltbild dazu aussieht.

– – –Zeit zum Nachdenken über die eigene Denk-Position, Zeit zum Diskutieren mit Freunden.

Weihnachten 2015.

Weihnachtsgeschenk Tipp1 (2015): zum Weiterdenken: Hieroglyph

Manche Menschen haben bereits im Sommer alle Weihnachtsgeschenke für sich und alle Lieben rundum nett verpackt im Schrank stehen. Andere lassen sich jedes Jahr wieder von Weihnachten überraschen und genau für die gibt es jetzt noch einige Last Minute Tipps für dieses Jahr: ebenfalls wie immer, zum Nach- und Weiterdenken, zum Inspirieren und Anregen der grauen Zellen.
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Auf einer Konferenz in 2011 (Future Tense) beschwert sich Autor Neal Stephenson, dass moderne Science Fiction überwiegend dystopische Welten beschreibt und kaum mehr Visionen liefert, die die junge Generation dazu bringt, nachzudenken oder Höchstleistungen zu anzustreben, keinen Drang fördert zu Forschen, neue Welten zu entdecken.

Aus der daraus folgenden Diskussion entstanden zwei zukunftsweisende Institutionen und Projekte: das Center for Science and the Imagination (CSI) an der Arizona State University (ASU) und das Projekt Hieroglyph (ebendort).

Das CSI fördert seither recht erfolgreich den Kontakt zwischen Wissenschaftlern /Ingenieuren und Autoren/ Filmemachern. Mit Veranstaltung an der ASU direkt, aber auch mit einem internationalen Netzwerk. Schon Studienanfänger sollen Kontakt bekommen mit den neuesten technischen Gadgets und besser noch, ihren Entwicklern, Wissenschaftler wiederum sollen mit Autoren connecten, die weiter denken als die vorhandene Realität es erlaubt und damit wiederum die Forscher zukunftsweisend inspirieren.

The imperative to develop new technologies and implement them on a heroic scale no longer seems like the childish preoccupation of a few nerds with slide rules. It’s the only way for the human race to escape from its current predicaments.
Neal Stephenson

Das Projekt Hieroglyph ist eines der Mittel, um diese hehren Ziele zu erreichen. Die Autoren und die Wissenschaftler sollen über Geschichten (Neudeutsch: Storytelling) mit Moon Shot Ideen zusammenkommen.

Eine Moon Shot Idee definiert sich dabei als ein großes Problem mit einer radikalen Lösung und einer bahnbrechenden Entwicklung, die diese Lösung in der nahen Zukunft möglich macht. Also keine Zauberstäbe, kein Hyperspace Antrieb – sondern einfache, große Ideen, wie die Welt sich komplett verändern könnte, in rund einer Lebensspanne, mit nur wenigen Eingriffen. Aber den richtigen.

Als erstes gab das von Neal Stephenson gegründete Projekt Hieroglyph zur Erfüllung seiner Bestimmung ein dickes Buch heraus: Es heißt simpel Hieroglyph – Stories and Visions for a Better Future. Anthologien, also Bücher mit Erzählungen unterschiedlicher Autoren zu einem Thema, sind oft inhaltlich oder stilistisch nicht überzeugend. Einige wenige gute Autoren als Zugpferde und etliche No-Names zur kostengünstigen Produktion des Herausgebers. Das ist bei dieser glücklicherweise anders.

Die Editoren Ed Finn und Kathryn Cramer wissen worüber sie editieren. Der gestandene Journalist und Stanford Absolvent Ed Finn ist Professor an der ASU und Gründungs-Direktor des CSI. Die Mathematikerin Kathryn Cramer war jahrelang Co-Editor von Year’s Best Fantasy Series und Year’s Best SF Series, und hat als Editor namhafte Preise erhalten.

Dementsprechend sorgfältig sind auch die Autoren des Buches selektiert: Entweder sind sie bereits bekannte SF Autoren oder sie haben sich in der Forschung und Publikation ihrer Forschung einen Namen gemacht.

Unser Ziel ist, große technische Ambitionen wieder zum Leben zu erwecken durch die Macht des Storytellings. Kühne Projekte wie der Hoover Damm, die Pyramiden, die Mondlandung, geschahen nicht nebenbei. Sie waren zuvor Visionen, die zur Realität wurden, um das Leben anderer Menschen zu verbessern. Wenn wir eine bessere Zukunft für unsere Nachfahren wollen, dann müssen wir mit besseren, mit stärkeren Visionen starten.
Ed Finn und Kathryn Cramer

Themenmäßig starten die Erzählungen an technisch möglichen Visionen aus der derzeitigen Forschung: Reisen zu anderen Planeten, Rohstoffgewinnung auf Asteroiden, der 20 Kilometer hohe Turm von der Erde aus darf natürlich nicht fehlen, Gehirnforschung mit Aktionenvorhersage und -Änderung, Wissensspeicherung, 3D-Drucker für Maschinen und menschliche “Ersatzteile”. Künftige Sensoren und Mensch-Maschine-Schnittstellen. Der Kampf der individuellen Freiheit gegen den alles beherrschenden Staat. Oder wie wäre es mal mit Problemen von zweidimensionalen Wesen?

Wichtig war den Editoren bei der Auswahl der Geschichten, dass sie aus heutiger Sicht in naher Zukunft technisch machbar sein sollen und so für den Leser nachvollziehbar sein sollen. Neben der Grundvoraussetzung der spannenden Handlung und der guten Schreibe.
Einige der Ideen haben bereits zu neuen Forschungsgruppen an der ASU geführt. So wird etwa der prinzipiell schon seit vielen Jahrzehnten diskutierte erdgebundene Turm als Startrampe nun genauer von Ingenieuren auf seine physikalischen Möglichkeiten untersucht. Was genau sind die Grenzen, an der eine Realisation (bisher) scheitert?

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Auch wenn es sich süffig leicht liest, hat das Buch doch wissenschaftlichen Hintergrund. Der macht sich durch die Story Notes des Autors am Ende jeder Geschichte bemerkbar, sowie den Hinweisen und Links zu Online Diskussionen zum jeweiligen Thema. Zu jedem Autor steht am Ende des Buches auch ein kurze Tätigkeits-Beschreibung; was ihn in den erlauchten Kreis der Buchautoren geholt hat.

Zurzeit gibt es meines Wissens das Buch nur auf Englisch. Vielleicht findet sich ja ein (wissenschaftlicher?) Verlag, der sich der Übersetzung annimmt? Lohnen für die Zukunft würde sich die Kooperation über den Atlantik allemal.

 Alle Bilder (c) Hieroglyph, ASU. (c) Book Cover HarperCollins

Können Maschinen schön sein?

Die Verbindung von Kunst und Technik war schon immer in meinem Interesse, Leser meiner Bücher wissen das. 😉

Nun gibt es in Frankfurt von 15. bis zum 18. Dezember 2015 eine internationale Konferenz zum Thema mit Filmvorführungen. Dem entsprechend findet das Event auch im Filmmuseum statt. Ein weiterer Bonuspunkt: Das Event ist für die Besucher kostenfrei und jeder ist als Besucher willkommen, gezeigt werden auch seltene Filme aus Archiven aus der ganzen Welt.

Das Foto (das einzige von den Veranstaltern zur Verfügung gestellte) sieht zwar etwas deprimierend aus, aber Bernardo Bertolucci wird sich sicher etwas dabei gedacht haben.

Programm und Anmeldung

Was geschieht, wenn sich die Filmkunst in den Dienst der Industrie stellt? Wie wird die Ästhetik der bewegten Bilder von Industrieunternehmen genutzt? Darum geht es bei einer Konferenz mit dem Titel „Films that work“  in Frankfurt, die das Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität im Deutschen Filmmuseum und im Museum Angewandte Kunst ausrichtet.

Können Maschinen schön sein? Klar, können sie das: Vom Futurismus bis zum russischen Konstruktivismus hat die Avantgarde des 20. Jahrhunderts die Schönheit von Industrie und Technologie immer wieder als eines ihrer Schlüsselmotive inszeniert.

Aber die Kunst kann auch selbst ein nützlicher Teil der Industrie-Maschine sein: Vor allem der Film spielt in der Industrie, aber auch in der Industriepolitik eine wesentliche Rolle. Am Beispiel herausgehobener Arbeiten aus Europa, den USA und Asien wird die Konferenz sich mit diesem Phänomen beschäftigen – davon ausgehend, dass wirtschaftliche Entwicklung Industrieorganisationen voraussetzt und dass Industrieorganisationen Kommunikation brauchen und Kommunikation Medien braucht.

Wegen seiner emotionalen Wirkung nimmt der Film eine Sonderstellung im Instrumentarium der Firmenkommunikation ein. Die Tagung bringt Spezialisten aus Europa, den USA und Asien zusammen und verbindet Ansätze aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, um einen Beitrag zu einem vertieften Verständnis der Verwendungen von Kunst in industriellen Organisationen und der Medienkultur industrialisierter und postindustrieller Gesellschaften zu leisten.

Air Asia Flug QZ8501: Abschlussbericht

Der offizielle Abschlussbericht zum Absturz von Air Asia Flug QZ8501 vor rund einem Jahr (28.12.14) liegt nun vor. Fehlerhafte Abhandlung eines unbedeutenden Computerproblems durch die Crew führte zum Absturz. Im Detail:

 

Der Ablauf laut Abschlussbericht

Während des Fluges kam es insgesamt viermal zum Ausfall beider Ruder-Travel-Limiter.
Dies ist eigentlich ein simpler Fehler, der keine größeren Probleme nach sich zieht (siehe unten).

Die ersten dreimal wurde gemäß des automatisch auf dem ECAM (Electronic Centralized Aircraft Monitor) erscheinenden Verfahrens gehandelt. Es wurden dazu nacheinander beide FACs (Flight Augmentation Computer) über ihre Einschaltknöpfe „resetted“. Dies führte jedesmal zum Erfolg und beide Ruder-Travel-Limiter waren jeweils wieder aktiv.

Beim vierten Auftreten des Fehlers wurden jedoch nicht nochmal beide FACs nacheinander per Schalter „resetted“, sondern es wurden die zugehörigen CBs (Sicherungen) gezogen. Dies ist vom Verfahren nicht vorgesehen und hat ganz andere Auswirkungen. Ein Reset per Aus- und Einschalten setzt im wesentlichen nur den Fehlerspeicher zurück. Ist der Fehler nach dem Zurücksetzen nicht mehr vorhanden, dann hat das System den Fehler „vergessen“ und alles ist gut.

Während des gesamten Vorgangs bleiben die Computer aber mit Strom versorgt und aktiv. Die Kommunikation mit der Peripherie steht sofort wieder zur Verfügung. Wenn allerdings die CBs gezogen werden, dann wird der Computer hart abgebrochen und damit ungeordnet heruntergefahren. Dabei verliert er seinen Fehlerspeicher aber eben auch noch viel mehr.

Wacht der Computer nach einem solchen Crash wieder auf, dann übernimmt er — solange das Flugzeug in der Luft ist — nicht einfach wieder seine Tätigkeit. Er muss zusätzlich über den Ein- Ausschalter zurück gesetzt werden. Dies war der Crew offensichtlich nicht klar, denn nachdem der CB für FAC1 wieder hinein gedrückt wurde, wurde der Push Button nicht betätigt. Der FAC lief zwar wieder war aber offline. Als dann der CB des FAC2 gezogen wurde, waren aus Sicht der Flight Control Logik beide FAC aus.

Da dadurch die Steuerung des Seitenruders nur noch manuell möglich ist, ist das „Normal Law“ mit all seinen Protections (fliegerischen Schutzzonen) nicht mehr möglich. Es erfolgt ein Wechsel in „Alternate Law“ und damit verbunden der Ausfall der Autopiloten und der automatischen Schubsteuerung (A/THR; Auto Thrust). Durch das abrupte unkontrollierte „Ausschalten“ des letzten FACs kam es zu einem kleinen ungewollten Ruderausschlags von 2 Grad nach links. Das Flugzeug war jetzt schlagartig im manuellen Flug und nicht mehr ausgetrimmt.

Dennoch erfolgte für 9 Sekunden kein Steuerimput. Erst als das Flugzeug 54 Grad Schräglage nach links eingenommen hatte gab es Inputs vom CM2 (Co-Pilot). Dieser rollte das Flugzeug aber nicht ausreichend nach rechts zu Wings Level zurück, sondern zog vor allem am Stick (Höhenänderung). Dadurch stieg das Flugzeug mit bis zu 11.000 Fuß pro Minute und verlor deutlich an Geschwindigkeit. Man hört während dessen den CM1 (Kapitän) rufen: „Pull down“ Eine Aussage, die in sich unstimmig ist. „Pull up“ oder „Push down“ wären stimmige Möglichkeiten. Er meinte wohl (Vermutung) „Push down“.

Frage als Einschub:
War Englisch die einzig gemeinsame Sprache zwischen dem indonesischen Kapitän und seinem französischen Copiloten? Konsequenzen?

Da zumindest einer der beiden Cicuit Breaker (CBs) nicht vom Sitz aus zu ziehen ist, war der Kapitän (Vermutung) zu diesem Zeitpunkt nicht im Sitz. Das würde erklären, warum er nur redet, aber nicht handelt. Kurze Zeit später, als sich das Flugzeug schon im Stall befindet, kommen von seiner Seite Stickinputs nach vorne (sinken). Diese bleiben jedoch ohne Wirkung, da der CM2 an seinem Stick immer noch zieht. Wenn keiner der beiden den Takeover Button am jeweiligen Stick drückt, ermittelt die Fly-By-Wire Logik das arithmetische Mittel der Inputs und gibt das an die Steuerung weiter. Da der Co mehr zog, als der Kapitän drückte, blieben die Versuche den Stall zu recovern ohne Erfolg. Das Flugzeug stürzte, ähnlich wie die Air France A330, voll gestalled mit hoher Sinkrate ins Wasser.

 

Ruder-Travel-Limiter

Um im Langsamflug mit eventuell ausgefallenem Triebwerk das Flugzeug gerade halten zu können, ist das Seitenruder sehr groß und kann weit ausgeschlagen werden. Da aber ein unabsichtlicher Vollausschlag dieses Seitenruders bei hohen Geschwindigkeiten zu problematischen Fluglagen und sogar zu strukturellen Problemen führen kann, wird der Ausschlag geschwindigkeitsabhängig vom Ruder-Travel-Limiter begrenzt. Fällt das System aus, dann ist diese Begrenzung nicht mehr vorhanden. Man muss also vorsichtig mit dem Seitenruder, welches über die Fußpedale bedient wird, umgehen. Da man das sowieso immer macht, hat der Ausfall also eigentlich keine Bedeutung.

Insgesamt war das Problem mit dem Ausfall beider Rudder-Travel-Limiter im letzten Jahr vor dem Absturz 23 mal bei diesem Flugzeug aufgetreten. Alleine 10 mal im letzten Monat mit immer kürzer werdenden Intervallen. Bei der Untersuchung wurde dann auch eine beschädigte Lötstelle gefunden, die jeweils zu einem kurzen Ausfall geführt haben kann.

Der Kapitän des Unglücksfluges hatte das Problem selbst einige Tage vorher mit diesem Flugzeug erlebt. Da der Flieger noch am Boden war, ließ er die Maintenance kommen. Diese hatte Schwierigkeiten, den Fehler durch Push Button Resets zu „beheben“. Es wurde sogar ein FAC getauscht, doch am FAC lag es ja nicht. Erst ein Ziehen und Drücken der FAC CBs brachte Abhilfe. Hier hatte der Kapitän das nachher gezeigte Verhalten wohl „gelernt“. Da sich der Flieger hier aber am Boden befand, war das Systemverhalten anders. Nach dem Drücken nahmen die FACs ihre Arbeit automatisch auf.

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Gleich eine Berichtigung einer falschen Onlinemeldung dazu:
Focus Online ( Dienstag, 01.12.2015, 14:21)

Ein Fehler in einem Bordcomputer habe die Piloten dazu veranlasst, trotz des stürmischen Wetters den Autopiloten abzuschalten.

Nein, die Autopiloten wurden nicht absichtlich ausgeschaltet. Sondern fehlerhafte Schaltungen der Crew führten unbeabsichtigt zum Ausfall von Teilen der Flugsteuerung und damit zum Ausfall der Autopiloten. Siehe oben.