Das Zeppelinmuseum…

… mit Betonung auf „das“ steht in Friedrichshafen am Bodensee. Es gibt weitere, kleinere, an anderen Orten; aber keinen Flugplatz sonst, an dem auch heute noch Zeppeline fast täglich abheben.

Hat was, Kapitän eines Zeppelins zu sein… 🙂

 

Vermutlich ist das erste, was einem zu Zeppelin einfällt, der Brand und Absturz von LZ 129 Hindenburg in Lakehurst am 6. Mai 1937. Es ist das damals am besten medienmäßig dokumentierte Unglück. Zwar überlebten den grausamen Brand mehr Menschen an Bord (41) als starben (36).

Aber die Menge an Journalisten, die zur Landung bereitstanden und ihre Kameras zückten, filmten und fotografierten, war für 1937 außergewöhnlich hoch. Und so setzt sich das Ende einer Luftfahrtgeschichte-Zeit leider in der Erinnerung besser fest als seine Hochzeiten zuvor.

Das Luftschiff ist dank seiner besonderen Eignung, große Entfernungen ohne den Zwang der Zwischenlandung zurücklegen zu können, das gegebene Verkehrsmittel für die Überbrückung ozeanischer Entfernungen.
(Joachim Breithaupt, Oberstleutnant, 1936)
Zeppelin oben (begehbares Modell) und unten: Die Firma Maybach, deren Motore die Zeppeline antrieben, nannten ihr Luxus-Automobil ebenso Zeppelin. (c) Flugundzeit

Auf 4000 Quadratmeter Ausstellungsfläche lässt sich in Friedrichshafen in der weltweit größten Sammlung zur Luftschifffahrt die Zeit der großen fliegenden Zigarren nach- und miterleben: als multimediale Erzählung lebendiger Geschichte über mutige Menschen und technische Innovationen und Höchstleistungen.

In der Teilrekonstruktion der Hindenburg steigt man über das Fallreep in die in Originalgröße nachgebauten Passagierbereiche der LZ 129 und kann so sehen, wie man sich als Passagier dieser innovativen Luxusliner der Lüfte fühlte. Das werden wir hier versuchen, in zwei Dimensionen anschaulich zu präsentieren.

Die folgenden Texte stammen aus einem Heftchen, das die Passagiere auf Ihrem Flug bekamen.


 

Während der Fahrt haben Sie Gelegenheit, unter sachkundiger Führung einen Gang durch das ganze Luftschiff zu machen. Ist schon die Fahrt und der Blick auf die Erde ein Märchen und ein Wunder – so ist der Blick ins Innere des Luftriesen wahrhaft überwältigend.
Zweierkabine, jede Kabine mit eigenem Waschbecken. (c) flugundzeit
Herrlich haben Sie geschlafen in dieser ersten Nacht an Bord. Das leise Summen der Motoren hat Ihnen über das Ungewohnte hinweggeholfen. Knusprig frisch die Brötchen, duftend der Kaffee zum Frühstück. 
Modell, Blick von oben. 1 Klavier, 2&4 Schlafkabinen mit Waschbecken, mit zwei oder einem Bett, 3 Speisesaal, 5 Küche (c) flugundzeit
Dann macht man einen kurzen Gang durch die Fahrgasträume des Luftschiffes zum einladenden Speisesaal, zur eleganten Gesellschaftshalle, die den festlichen Rahmen für frohe Geselligkeiten bildet, zum Schreib- und Lesezimmer, dann die Treppe hinab zu der kleinen Bar, vorbei in den gemütlichen Rauchsalon.
1 Küche, 2 Bar und Vorzimmer zum Rauchsalon. Hier saß der einzige Mensch an Bord mit Feuerzeug. 3 Rauchsalon, 4 die einzige Dusche an Bord („einzig“ wurde bemängelt von Passagieren) (c) flugundzeit
Das gemütliche Lesezimmer. (c) flugundzeit
Die elegante Gesellschaftshalle. Das Wandbild (Weltkarte) ist nicht mit dem Pinsel ausgeführt – das hätte zu viel an Farbe und damit Gewicht verbraucht, sondern gespritzt.
Auf einem schmalen Laufsteg, der durchs ganze Schiff führt, gehen wir entlang. Über uns wogen die silbergrauen, riesigen Gasgefüllten Ballons. Ein verwirrendes Gefüge von kobaltblauen, gelochten Duraluminträgern und -streben, von Drähten und Netzwerk füllt einen riesigen, magisch erhellten Raum.

Größenvergleich: Die kleine Kästchen im Modell zeigen die zwei Stockwerke des Passagierbereiches. (c) flugundzeit

 

 


Und nun noch ein wenig für die Piloten und Techniker unter den Lesern:

Wetter und Wolken bestimmten den Flug bis zur erfolgten Landung. Die Kenntnis, wann wo welche Wolken vorkommen, wie sie aussehen und was sie bedeuten, war für die fliegerische Crew lebenswichtig.

 

Das Logbuch.  Zu führen auf jeder Fahrt. Auch heute wird von Flugzeug-Linienpiloten die aktuelle Zeit über Wegpunkten (statt wie hier die Koordinaten) während des Fluges auf Papier oder Pad zu den vorher berechneten Überflugzeiten vermerkt.

 

Imposant und ästhetisch. Werkzeuge an Bord. „Franzosen“, Rohrzangen oder ähnliche Bezeichnungen gibt es am Boden für diese Trümmer. Manches Gewicht braucht man eben…

 

Futuristisch? Nee, nicht wirklich, sondern das Innere eines modernen Zeppelin NT.

 

Zeppeline fliegen, im Gegensatz zu Ballonen, die fahren. Ein Zeppelin startet mit einer statischen Schwere von rund 350 kg, somit ist er schwerer als Luft und man spricht vom Fliegen. Heißluftballone fahren, da sie leichter sind als Luft.

Bei all dem Luxus an Bord der alten Zeppeline versteht man nicht, warum heute Kreuzfahrtschiffe begehrt sind und der Komfort an Bord der Zeppeline nicht mehr. Schade, denn: Der Weg ist das Ziel gälte auch für Langstreckenflüge mit dem Zeppelin. (c) flugundzeit

 

Auf der FAQ-Seite rund um den Zeppelin-NT stehen weitere Fakten zum Zeppelinfliegen.

Abgesehen vom Zeppelin Museum, das alleine schon den Besuch in Friedrichshafen wert ist, lässt sich an diesem Ende von Deutschland auch sonst gut leben. Mehr als einen Tag sollte man für den Trip schon einplanen…
(c) Flugundzeit

 

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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