737-Max Absturz in Äthiopien

Flugweg vom Start auf der 07R bis zur Absturzstelle östlich der Stadt. (c) flightradar24

Heute, am 10.3.2019, stürzte eine Boeing 737-8 MAX mit der Registrierung ETAVJ der Fluggesellschaft Ethiopian kurz nach dem Start ab. Flug ET302 war mit 149 Passagieren und 8 Crew gerade in Addis Abeba (Äthiopien) auf der Startbahn 07R gestartet und auf dem Weg nach Nairobi (Kenia).

Das Flugzeug beendete den Steigflug bei etwa 9000 Fuß.* Der Radarkontakt brach kurz darauf um 08:44 Uhr (05: 44Z) ab. Es gab keine Überlebenden.

*Es ist sehr gebirgig rund um den Flugplatz Addis Abeba. Der Flugplatz liegt bereits auf rund 7500 Fuß Höhe

Nach Aussagen von Ethiopian Airlines soll die Crew noch Probleme gemeldet haben und angekündigt haben, nach Addis Abeba zurückzukehren. Der Kapitän hatte 9000 Flugstunden, der Copilot um die 200. Das Flugzeug soll sich nach einem starken Sinkflug in die Erde gebohrt haben.

Die letzten Transponderdaten (Position N9.027 E39.153 etwa 21 nautische Meilen östlich von Addis Abeba) wurden aus Flugfläche 86 (FL086) empfangen. Dies entspricht 9000 Fuß Flughöhe über dem Meeresspiegel. Real im gebirgigen Äthiopien sind das aber nur rund 1000 Fuß über Grund, also etwa 300 Meter über dem Boden.

Flugundzeit:

In (für ein großes Verkehrsflugzeug) geringer Höhe über Grund (1000 Fuß) mit 380 Knoten zu fliegen (= sehr schnell), macht nicht wirklich Sinn ohne dabei zu steigen. An den Triebwerken (der Leistung) kann es also nicht gelegen haben. Antriebsleistung war im Überfluss vorhanden, konnte aber wohl nicht in Höhe umgesetzt werden. Wetter scheidet aus. Es könnte also auf einen Mangel an Steuerbarkeit hindeuten. Warum und wieso und wie genau ist zurzeit nicht bekannt. Und auch nicht, warum dies zum Absturz führte.


Und zu den Fakten folgend gleich eine Liste der Vermutungen im Netz, die (zu diesem frühen Untersuchungszeitpunkt, wie stets) nicht angebracht sind:

  • Dass der Copilot „nur“ 200 Flugstunden Erfahrung hat, ist eher die Beschuldigung aus amerikanischen Kreisen.

  • Die entgegengesetzte Aussage: die 737 MAX 800 sei ein extrem sicheres Flugzeug, ist ebenso aus der Luft gegriffen. Das Prädikat: „gehört weltweit zu den verlässlichsten Flugzeugtypen“ muss sich ein Flugzeug, das erst seit zwei Jahren am Markt ist, noch erarbeiten. Über die Zeit.
    (Für Nicht-Flieger: Sonst wäre die Aussage im Wahrheitsgehalt vergleichbar mit: Der e-Golf ist der meistverkaufte PKW in Europa.)

Meine Kollegen in großen Magazinen und Zeitungen sind vor dem Gerichtsurteil durchaus sehr vorsichtig bei der Bezeichnung „Täter“ wenn es um Mordfälle geht. Komischerweise ist dies in der Technik nicht der Fall. Da schreibt und trötet jeder selbstgemachte „Luftfahrtexperte“ sofort seine persönliche Meinung und sein Urteil zum Thema in die Welt. Meist ohne fachlichen und auch ohne genügenden fliegerischen Hintergrund.


Kommentare

2 Antworten zu „737-Max Absturz in Äthiopien“

  1. BoeingSFO

    Danke für den Beitrag, die Fakten wie immer prägnant und ohne Schnörkel.

  2. Es ist schon spektakulär, wie die „Experten“ derzeit mit Vermutungen und Thesen um sich werfen. Gestern lief im Radio ein etwas längeres Interview mit einem vermeintlichen Experten, das zum Haare raufen war. Spekulationen über Spekulationen und null Substanz. Mag sein, dass es sich am Ende genau so rausstellt, aber das rechtfertigt es nicht.

    Ob das in anderen Branchen auch so ist? Wenn es um Schiffsunglücke geht, ist die Berichterstattung ja auch sehr intensiv. Nur fehlt mir da das Hintergrundwissen, im beurteilen zu können, wie viel davon wirklich Fakt ist und wie viel nicht…

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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