BSF22-18 Kunst und Science

Hauswand-Malerei in Leicester.

(c) FuZ

Wie bereits im Beitrag BSF22-14 An Evening out festgestellt, findet man in Leicester jede Menge wunderschön ausgestalteter riesiger Hauswandgemälde.

Die Verbindung von Wissenschaft und Forschung einerseits und Performance, Kunst und Technologie gab es an vielen Abendveranstaltungen beim British Science Festival 2022, wie auch schon in anderen Beiträgen auszugsweise berichtet. Vieles war hands on – also zum selber Ausprobieren und Erfahren oder zum Zuhören und Ansehen.

Hier soll noch ein kleiner Ausschnitt der Verbindung von Wissenschaft und Kunst präsentiert werden.

Das architektonisch beeindruckende Vijay Patel Gebäude der De Montfort Universität – in dem etliche Vorlesungen stattfanden – beherbergt Studiengänge zum Thema Kunst und Design. Design ist ja immer auch ein wesentlicher Bestandteil technischer Dinge, zumindest sollte es das sein. Die drei Bilder oben zeigen eine Ausstellung im Eingangsbereich des Gebäudes. (c) FuZ

Die Beziehungen zwischen wissenschaftlichen Entdeckungen und Technologie, und wie diese mit unserem endlosen Streben nach Wissen zu Ideen des Fortschritts in Verbindung stehen, sind Hauptthemen des Projekts A Human Laboratory.

alle Zitate: Dr. Mark Kasumovic

Der Künstler, Forscher und Pädagoge Mark Kasumovic ist Programmleiter für Fotografie an der DeMontfort Universität. Seine Arbeit im Bereich der Fotografie und der bildenden Künste drehen sich um den Wahrheitswert von Bildern in der postdigitalen Umgebung. Seine aktuelle Forschung untersucht die Beziehungen zwischen Technologie und Wissensproduktion im Kontext von wissenschaftlicher Forschung, Umweltbewusstsein und Klimawandel.

Einer der Filme auf der Ausstellung während das BSF22 mit dem Titel A Human Laboratory ist eine Visualisierung und Erzählung eines Buches in voller Länge, das den Titel der Ausstellung widerspiegelt. In diesem Zweikanal-Video wird der Betrachter dazu angeregt, sich die Geschichte von Technik und Wissenschaft vorzustellen und die zahlreiche Beziehungen zwischen den vom Erzähler präsentierten „Fakten“ vorzustellen. Wie alle Wissensquellen in der Gesellschaft hat die Wissenschaft bei großen Veränderungen oft auch ihre großen Entdeckungen. Es ist faszinierend, sich den Weg der Chancen, Irrtümer und der Zukunft, die vor uns liegen, vorzustellen.

Der im Bild nicht lesbare Text zum Bild links ist unten im Original (englisch) und rechts in der Übersetzung angeführt.

(c) FuZ

Balloon, Weather Research Laboratory

Someone notices the moon shines with the light of the sun.

Someone publishes a map of the known world.

Someone proclaims that the earth is at the center of the universe.

Someone discovers that the corpus striatum, now called basal ganglia, acts as the receiver for sensory data.

Someone describes nitrogen as residual air.

Someone publishes a book called „Evidence of Man’s Place in Nature“.

Someone coins the term biosphere for where life can exist.

Someone invents the first steam engine, paving the way for the industrial Revolution.

Someone suggests that burning coal will enhance the greenhouse effect, wich is beneficial for future generations.

Someone isolates ozone, naming it from the Greek word ozein, to smell.

Non-linearities in weather phenomena make them unstable when subjected to small chances in their energy cycles.

The world population reaches seven billion.

Jemand bemerkt, dass der Mond mit dem Licht der Sonne leuchtet.

Jemand veröffentlicht eine Karte der bekannten Welt.

Jemand verkündet, dass sich die Erde im Mittelpunkt des Universums befindet.

Jemand entdeckt, dass das Corpus striatum, jetzt Basalganglien genannt, als Empfänger für sensorische Daten fungiert.

Jemand beschreibt Stickstoff als Restluft.

Jemand veröffentlicht ein Buch mit dem Titel „Beweis für den Platz des Menschen in der Natur“.

Jemand prägt den Begriff Biosphäre für den Ort, an dem Leben existieren kann.

Jemand erfindet die erste Dampfmaschine und ebnet damit den Weg für die industrielle Revolution.

Jemand schlägt vor, dass die Verbrennung von Kohle den Treibhauseffekt verstärkt, was für zukünftige Generationen gut ist.

Jemand isoliert Ozon und benennt es nach dem griechischen Wort ozein, zu riechen.

Die Nichtlinearität der Wetterphänomene macht sie instabil, wenn sie in ihren Energiekreisläufen geringen Schwankungen ausgesetzt sind.

Die Weltbevölkerung erreicht sieben Milliarden Menschen.

Die Ausstellung umfasste viele Bilder. Interessant fand ich manchmal den Grund der Auswahl von Bildern, die für mich ganz normale Laborsituationen oder leere Labors darstellen. Fasziniert hat Kasumovic im Bild unten rechts etwa der dunkle Streifen am Gang, der zeigen soll, wie abgegangen der Boden in dem Labor war. Das war mir nicht aufgefallen, bevor er es erwähnte. Ich hatte mich (als Techniker) in der Großaufnahme mehr auf die gezeigten Instrumente fokussiert und versucht, herauszufinden, was sie messen sollten. Aber ein komplett anderer Gesichtswinkel schadet ja nie 😉

Das hier oben klein gezeigte Bild(chen) mit dem orangen Schlauch ist aus dem Snolab in Canada. Das ist ein unterirdisches Laboratorium, in dem zur Dunklen Materie (Dark Matter) geforscht wird. Es liegt in der Vale’s Creighton Mine bei Sudbury. Und diese, derzeit tiefste Nickelmine Kanadas, liegt in oder besser unter einem Gebiet, das den Ureinwohnern Kanadas gehört(e) und mit dem sogenannten Robinson-Huron Treaty (Vertrag) gepachtet, abgekauft oder wie immer man das sieht, übernommen wurde.

Abgesehen von den spannenden physikalischen Untersuchungen, die dort stattfinden, liefert schon das eine Bild als Ausgangspunkt eine Menge zum Nachdenken und Weiterforschen – wenn man sich darauf einlässt…

A Human Laboratory erforscht die Schauplätze einiger der geheimnisvollen und rätselhaften wissenschaftlichen Experimente, die heute auf der ganzen Welt stattfinden. Von einem Saatgutlager im polaren Svalbard bis hin zur abgelegenen Experimental Lakes Area im ländlichen Kanada konzentriert sich die Ausstellung auf die große Vielfalt an Orten und Apparaten, die wir gemeinsam nutzen, um unsere heutige Welt zu verstehen. Der Schwerpunkt liegt auf Experimenten, deren Ergebnisse oft weder vorherbestimmt noch vollständig verstanden werden. 

Abgesehen von der Schönheit solch komplizierter, von Menschenhand geschaffener Räume hinterfragen die Fotografien die inhärenten Beziehungen zwischen dem Apparat der wissenschaftlichen Forschung und der einfachen Fotokamera. Da Räume wie Laboratorien mit fortschrittlichen und oft unsichtbaren Technologien visuell kryptischer werden, kann die Kamera die Herausforderungen zeigen, die alle Instrumente der Wissensproduktion bei der Darstellung der verborgensten und komplexesten Phänomene der Welt haben.

Sie kann auch zum Nachdenken darüber anregen, wie sehr wir auf die Funktion von Bildern angewiesen sind; wie Bilder in der Kultur der Wissensproduktion verwoben sind, und wie Beziehungen konstruiert werden können, wenn diese beiden Aspekte gemeinsam analysiert werden.


Link zur Übersicht von allen Beiträgen des British Science Festivals 2022

Über die Autorin

Die Journalistin Helga Kleisny ist diplomierte Physikerin (TU Wien), Fallschirmspringerin und Pilotin. Nach Arbeitsorten weltweit (Wien, Taipeh, Boca Raton (FL), München, Frankfurt…) sind ihre Haupt-Lebens- und Arbeitsorte nun in Deutschland und in den USA. Sie schreibt als freie Luft- und Raumfahrtjournalistin. Ihre Begeisterung für alles Technische und die Natur, am besten in Kombination, zeigt sich in ihren Büchern und in Seminaren und Vorträgen.

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